Nach Notre-Dame-Inferno: Macron gewinnt Zeit bei den Gelbwesten
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Verkündung seiner Reformmaßnahmen im Zuge der "Nationalen Debatte" auf unbestimmte Zeit verschoben. Im Moment sei nicht die richtige Zeit dafür, sagte der Präsident in einer kurzen Fernsehansprache am Dienstag, 24 Stunden nachdem ein Großbrand die Pariser Kathedrale Notre Dame schwer beschädigt hatte.
Der Präsident sagte wegen des Feuers bereits am Montag eine TV-Ansprache und eine Pressekonferenz zu seinen Reformplänen ab. Er hatte eine Bürgerdebatte zur Beruhigung der "Gelbwesten"-Krise im Jänner ins Leben gerufen und den Franzosen für Mitte April konkrete Ergebnisse versprochen.
Proteste seit Monaten
Die "Gelbwesten" protestieren seit fünf Monaten für mehr soziale Gerechtigkeit und niedrigere Steuern. Im Dezember hatte Macron zunächst Zugeständnisse im Umfang von rund zehn Milliarden Euro angekündigt, unter anderem einen höheren Mindestlohn. Von Mitte Jänner bis Mitte März ließ der Präsident die Bürger zudem im Rahmen einer "großen nationalen Debatte" befragen, um "die Wut in Lösungen zu verwandeln", wie er sagte.
Ein von der französischen Nachrichtenagentur AFP kurz vor der Ansprache veröffentlichter Entwurf für eine Rede Macrons hatte beinhaltet, dass der Staatspräsident Steuersenkungen plane. Zudem sollen Pensionisten entlastet werden, die über maximal 2.000 Euro verfügen, hieß es darin.
Auch Volksbefragungen, wie sie die "Gelbwesten" fordern, wolle Macron ermöglichen - allerdings vorwiegend zu "Themen von lokalem Interesse". Ein weiterer Vorschlag betraf die Abschaffung der Pariser Elitehochschule Ecole Nationale d'Administration (ENA), die Macron selbst als Student besucht hatte.
Appell an Zusammenhalt
All davon war am Dienstagabend letztlich nichts zu hören. Macron nutzte die Fernsehansprache lediglich zu einem Appell an die Franzosen, "den Faden unseres nationalen Projekts zu finden." "Es liegt an uns, diese Katastrophe in eine Gelegenheit zu verwandeln, um zusammenzukommen", sagte er.
Die "Gelbwesten" und viele andere Bürger werfen der politischen Klasse Frankreichs vor, zu abgehoben zu sein. Macron ist für sie ein "Präsident der Reichen", weil er die Vermögenssteuer weitgehend abschaffte.
Notre Dame war am Montagabend in Brand geraten und dabei schwer beschädigt worden. Der Wiederaufbau dürfte Hunderte Millionen Euro kosten und sich nach Expertenschätzung sehr lange hinziehen. Nach dem Willen Macrons sollen die Renovierungsarbeiten bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre abgeschlossen werden. Notre Dame solle sogar "noch schöner" wiedererrichtet werden, kündigte er am Dienstag an. Nach diesem Plan wäre das Wahrzeichen von Paris pünktlich zu den Olympischen Spielen in der französischen Hauptstadt im Jahr 2024 wiederhergestellt.
Spender sagten bereits Hunderte Millionen Euro für die Renovierung der jahrhundertealten gotischen Kathedrale zu. Allein die drei französischen Milliardärsfamilien Arnault, Pinault und Bettencourt-Meyers wollen insgesamt eine halbe Milliarde Euro geben.