Nach Gipfel-Desaster drohen Trump schwere Zeiten
Mit hohen Erwartungen flog US-Präsident Donald Trump zu seinem zweiten Gipfel mit Norkoreas Machthaber Kim Jong Un – und scheiterte krachend. Am zweiten Tag kam es weder zu einer gemeinsamen Erklärung, noch zu einem gemeinsamen Mittagessen. Trump will noch heute die Rückreise in die USA antreten, wo ihn die Vorwürfe seines ehemaligen Anwalts Michael Cohen unter Druck setzen. Es wäre nicht Trump, wenn er das gescheiterte Treffen nicht doch zu einem Erfolg erklärt hätte: „Wir hatten das Gefühl, dass es keine gute Idee wäre, etwas zu unterzeichnen“, sagte er in einer Pressekonferenz im Anschluss. „Wir hätten das machen können. Aber ich hätte das nicht für angemessen gehalten.“
Die Zeit eile nicht, da Kim ihm versichert habe, weiterhin auf Atomtests zu verzichten – trotzdem hat der US-Präsident sein Ziel der atomaren Abrüstung Nordkoreas nicht erreicht. Diplomaten sprechen von einer „krachenden Niederlage“ seiner Außenpolitik. Kim selbst hatte noch gestern versichert, dass er an einer atomaren Abrüstung interessiert sei, doch seine Forderungen dürften Trump zu hoch gewesen sein. Laut dem US-Präsidenten habe er auf der Aufhebung aller Sanktionen bestanden. Trump: „Sie waren bereit, einen großen Teil atomar abzurüsten, aber nicht da, wo wir es wollten. Wir mussten davon Abstand nehmen.“
Nach Angaben von Außenminister Mike Pompeo sei Kim aufgefordert worden, weiterreichende Zugeständnisse in den Bemühungen für eine atomare Abrüstung zu machen. „Wir haben ihn aufgefordert, mehr zu tun, aber er war nicht darauf vorbereitet.“
Auch die Hoffnungen auf einen Friedensvertrag zwischen Washington und Pjöngjang wurden enttäuscht – zwischen beiden Ländern herrscht seit 1953 lediglich ein Waffenstillstand. Eine Friedenserklärung der USA und Nordkoreas wäre eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme. Experten hätten darin einen ersten, symbolischen Schritt für einen Friedensvertrag gesehen. Daran müssten eigentlich auch Südkorea und China beteiligt werden. Ein Friedensvertrag würde später beispielsweise auch den Abzug von US-Truppen aus Südkorea regeln. Ebenso war über eine Schließung des wichtigen nordkoreanischen Atomkomplexes Yongbyon sowie die Zulassung von Atom-Inspekteuren, die Einrichtung von Verbindungsbüros und die Wiederaufnahme innerkoreanischer Wirtschaftsprojekte spekuliert worden. Doch kam mit dem Abbruch des Gipfels nichts zustande.
Der von Trump zuletzt massiv kritisierte Koordinator aller US-Geheimdienste, Dan Coats, hatte die Lage zutreffend beschrieben, als er vor wenigen Wochen im Kongress sagte: „Wir gehen derzeit davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, seine Fähigkeiten im Bereich Massenvernichtungswaffen beizubehalten.“ John Bolton, für Scharfmacherei bekannter Nationaler Sicherheitsberater Trumps, hatte der Euphorie des Chefs vor der Abreise nach Hanoi etwas pikiert entgegengesetzt: „Nordkorea hat seine Versprechen bisher nicht erfüllt.“
Überraschte Blicke erntete Trump, als er sagte, dass er Diktator Kim Jong-un glaube, nicht für den Tod des US-Studenten Otto Warmbier verantwortlich zu sein. Warmbier war während einer Nordkorea-Reise 2016 wegen des angeblichen Diebstahls eines Propaganda-Posters zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Er fiel in einem berüchtigten Gefängnis unter bis heute ungeklärten Umständen ins Koma und wurde schließlich freigelassen. Wenige Tage nach dem Rücktransport in die USA starb er im Juni 2017. Eine US-Richterin hatte Nordkorea im Dezember vergangenen Jahres zur Zahlung von mehr als 500 Millionen Dollar verurteilt. Nordkorea habe sich der Folter, der Geiselnahme und der außergerichtlichen Tötung des 22-Jährigen schuldig gemacht, erklärte Richterin Beryl Howell. Das „totalitäre“ Regime in Pjöngjang habe bei seinen „weltweiten Betrügereien und seiner Konfrontation mit den USA“ Otto Warmbier als „Faustpfand“ missbraucht. Trump sagte nun, dass Kim Jong-un ihm versichert habe, nichts von den schlimmen Inhaftierungsbedingungen für Warmbier gewusst zu haben. Trump wörtlich: „Ich glaube nicht, dass er das erlaubt hätte und ich werde ihn beim Wort nehmen.“
Wenn Trump in Washington landet, warten auch dort schwere Zeiten auf ihn: Die Demokraten haben nach Cohens Aussage eine Steilvorlage für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten. Auch wenn der republikanisch dominierte Senat dessen Umsetzung verhindern dürfte.