Mubarak: Der Koma-Patient
Von Walter Friedl
Er war noch gar nicht tot, da setzte zwischen Generälen, Aktivisten und Juristen bereits ein intensives Tauziehen um die Begräbnis-Modalitäten ein: Hat sich der frühere ägyptische Machthaber Hosni Mubarak eine Beisetzung mit allen militärischen Ehren verdient, oder soll es doch ein ganz schlichtes Zeremoniell im Familienverband geben?
Zuvor hatten in der Nacht zum Mittwoch die Staatsmedien bereits vom Ableben des 84-Jährigen berichtet. Sie wurden aber von Mamduh Shahin, einem Mitglied des Militärrates, zurückgepfiffen: "Er ist nicht tot." Der Ex-Präsident habe eine Herzattacke erlitten, sein Herz habe aufgehört zu schlagen. "Er wurde durch Elektroschocks wiederbelebt und dann künstlich beatmet. Außerdem hat sich ein Blutgerinnsel im Hirn gebildet", so der General. Andere Quellen sprechen von einem Schlaganfall.
Mubarak wurde jedenfalls von der Krankenstation des Tora-Gefängnisses in ein Kairoer Militärspital gebracht, wo er ins Koma fiel. Prompt machten neue Spekulationen die Runde: Der angeschlagene Gesundheitszustand sei bloß ein Vorwand, damit der im Vorjahr gestürzte Staatschef mehr Annehmlichkeiten in seiner Haft genießen könne.
Jubel auf Tahrir-Platz
Tatsächlich ist das Militärspital luxuriös ausgestattet. Dort war Mubarak untergebracht – bis zu seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen seiner Mitverantwortung für die Todesfälle auf dem Kairoer Tahrir-Platz. Nach dem Richterspruch wurde er ins Tora-Gefängnis verlegt, angeblich weigerte er sich zunächst, aus dem Helikopter zu steigen.
Als die Nachricht über den dramatischen Gesundheitszustand des "Pharaonen" die Menschen auf dem Tahrir-Platz erreichte, brach Jubel aus. Doch dann trat der Salafisten-Prediger Hasim Abu Ismail auf und bezeichnete die Berichte als Lüge. Damit wollten die Militärs bloß von der kompletten Machtübernahme durch die Armeeführung ablenken.
Die Salafisten sind die radikalere Spielart der islamistischen Muslimbruderschaft. Zusammen konnten die beiden bei der Parlamentswahl drei Viertel der Sitze erringen. Vergangenen Freitag allerdings löste der Militärrat die Legislative auf. Zugleich wurden die Kompetenzen des Staatschefs stark beschnitten.
Die Muslimbrüder bezeichneten dies als "Putsch". Zumal ihr Kandidat, laut eigenen Angaben, bei der Präsidentenstichwahl als Sieger hervorgegangen sei. Doch auch der Rivale von Mohammed Mursi, Ahmed Shafik, sieht sich als Gewinner – er war der letzte Premier in der Ära Mubarak. Die Wahlkommission will heute, Donnerstag, das Endergebnis des Urnenganges vom vergangenen Wochenende bekannt geben. Es ist zu befürchten, dass das unterlegene Lager den Ausgang nicht anerkennt und es zu neuen Unruhen kommt.