Zeitgleich mit der Eskalation schwerer Kämpfe in der Ostukraine ließen die Niederlande eine Bombe ganz anderer Art platzen. Wie die niederländische Staatsanwaltschaft am Dienstag bekannt gab, wurden an der Absturzstelle des Fluges MH17 Teile eines Luftabwehrsystems russischer Bauart gefunden. Auf weitere Schlüsse darauf, wer das Geschoss abgefeuert hat und ob es sich bei den Trümmern um Teile jenes Geschosses handelt, das den zivilen Airliner durchlöchert hatte, ließ sich die Ermittlungsbehörde nicht ein.
Zeugen gesucht
Aber bereits vor Wochen hatte sie angedeutet, dass MH17 mit 298 Menschen an Bord am 17. Juli 2014 vermutlich von einem BUK-System getroffen wurde. Die Rede war vom "wahrscheinlichsten Szenario". Zudem wurden gezielt Zeugen gesucht, die den Abschuss einer Rakete bestätigen könnten – laut diversen Medienrecherchen war ein Abschuss zum fraglichen Zeitpunkt auf Gebiet beobachtet worden, das von pro-russischen Milizen gehalten wurde.
Die Niederlande haben Russland jetzt auch in einem Rechtshilfe-Ersuchen um Unterstützung durch den russischen Hersteller der Waffe gebeten. Ob es eine Antwort auf dieses Ersuchen gab, ist nicht bekannt.
Die Meldungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem der ohnehin kaum jemals existente Waffenstillstand in der Ostukraine wieder einmal völlig zusammenzubrechen droht. Bereits in den vergangenen Tagen hat die Intensität der Kämpfe dramatisch zugenommen. Eine zuletzt in Minsk getroffene Übereinkunft über den Abzug leichter Artillerie schien in keiner Weise umgesetzt zu werden. Zugleich sammelten die von Russland unterstützen Einheiten erneut starke Kräfte an der Front – vor allem auch gepanzerte Verbände. Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass in den abtrünnigen Gebieten sowie direkt an der Grenze auf russischem Gebiet bereits mehr Panzer stehen, als Deutschland und Großbritannien zusammen besitzen.
Dringlichkeitssitzung
Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin forderte am Sonntag eine Dringlichkeitssitzung zwischen Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine über die Eskalation der Lage. Vergangene Woche war bereits das ukrainische Sicherheitskabinett eilig einberufen worden. Am Montag informierte Kiew dann die OSZE, dass man zur Verteidigung auch schwere Artillerie einsetzen werde.
Ein Angriff kam postwendend. 50 Kilometer nördlich der Hafenstadt Mariupol, nahe der Stadt Starognatiwka, griff ukrainischen Angaben zufolge am Montag ein 400 Mann starker Verband der Russland-treuen Milizen mit Panzern Positionen der ukrainischen Armee an. Ein Sprecher der selbstausgerufenen Donezker Volksrepublik wies das zurück und warf der ukrainischen Armee Artilleriebeschuss vor. Laut Angaben Kiews wurde der Angriff abgewehrt, zudem habe man eine strategische Anhöhe erobert.
Angesichts dieser Eskalation könnte die niederländische Verlautbarung auch als Maßnahme gewertet werden, den Druck auf Moskau zu erhöhen. Laut dem Minsker Abkommen ist Moskau verpflichtet, zur Demilitarisierung des Konfliktes beizutragen – gesammelte Panzerverbände und die neuen Kämpfe passen nicht in dieses Bild.