Politik/Ausland

Merkel will Debatte über Zuwanderer entschärfen

Es ist die erste größere Diskussion in der neuen Koalition von Kanzlerin Angela Merkel: Wie soll mit Armutseinwanderern aus Rumänien und Bulgarien umgegangen werden, die seit Jahresbeginn ohne die bisherigen Beschränkungen nach Deutschland kommen und nun einfacher dessen enges Sozialnetz nützen können. Nach demonstrativer Empörung aus SPD und Grünen über den CSU-Vorstoß mit dem plakativen Slogan „Wer betrügt, fliegt“ soll nun ernsthafter über das Problem diskutiert werden, das auch SPD-regierte Kommunen schwer beschäftigt.

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Erstmals hat sich mit Elmar Brok, dem Chef des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, auch ein prominenter CDUler auf die Seite der bayrischen Schwesterpartei CSU gestellt und die von ihr angemahnten Vorkehrungen gegen Sozialmissbrauch gerechtfertigt. Brok ist häufiger Gesprächspartner Merkels und als Top-Lobbyist der Bertelsmann-Stiftung in Berlin einflussreich.

Gelassenheit und Fingerabdrücke

In Bild mahnte er zu Gelassenheit gegenüber der befürchteten Einwanderungswelle vor allem bitterarmer, schwer integrierbarer Roma. Wer aber bewusst Regeln verletze, müsse, wie von der CSU gefordert, abgeschoben und an der Wiedereinreise gehindert werden können, so Brok, notfalls auch durch Abnahme von Fingerabdrücken.

Das war das Signal für weitere empörte Kommentare aus der SPD wie auch Ablehnung aus der CDU. Diese versucht die CSU nun zu entkräften: Ihr Innenpolitik-Sprecher Hans-Peter Uhl verwies auf Forderungen vieler SPD-Bürgermeister der schon durch die illegale Einwanderung von Armutsflüchtlingen überforderten Städte an die Bundesregierung. So habe der Münchner Bürgermeister Christian Ude als SPD-Spitzenkandidat im bayerischen Landtagswahlkampf Berlin in einem Brief aufgefordert, „dringend zu handeln, weil die Armutseinwanderung die deutschen Städte vor kaum lösbare Probleme stellt“. Uhl betonte, dass CSU-Chef Horst Seehofer nur die rasche Umsetzung der auf Seite 108 des Koalitionsvertrags vereinbarten strengeren Überwachung von Sozialleistungen auch an diese Gruppe fordere.

Merkel wurde die Debatte trotzdem offenbar zu riskant. In einem Telefonat mit SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel einigten sich die beiden auf die Einsetzung einer Kommission aus mehreren Staatssekretären. Was dabei herauskommen soll, blieb aber offen.