Politik/Ausland

Demo gegen Schwarz-Blau: Obonya fordert Haslauer-Boykott bei Festspielen

An der Großdemonstration gegen die neue Salzburger Regierung aus ÖVP und FPÖ haben trotz Ausflugswetters am Pfingstmontag laut Polizei rund 1.200 Menschen teilgenommen. Die Veranstalter sprachen gar von über 2.000, erwartet wurden ursprünglich 300. Schon zu Beginn waren am Hauptbahnhof zahlreiche Schilder mit Unmutsbekundungen über Schwarz-Blau zu sehen. Eine Schauspielerin verlas die Grußbotschaft von Ex-Jedermann Cornelius Obonya, der zum Haslauer-Boykott aufrief.

Obonya zitierte Passagen aus den Eröffnungsreden des Landeshauptmanns anlässlich der Salzburger Festspiele von 2013 und 2018. Darin hatte Haslauer unter anderem den berühmten Satz "I have a dream" des Freiheitskämpfers Martin Luther King zitiert, auf die Grausamkeiten der Weltkriege und den "Anschluss" 1938 verwiesen sowie das "Nie wieder" des antifaschistischen Widerstandes beschworen. Diese Äußerungen nahm Obonya zum Anlass, Haslauer mit seiner plötzlichen Bereitschaft zu einer schwarz-blauen Koalition zu konfrontieren: "Die Abneigung Wilfried Haslauers gegen eine Beteiligung anderer Parteien (als der FPÖ; Anm.) an der Landesregierung - trotz aller Möglichkeiten, die das Wahlergebnis geboten hätte - ist 2023 so groß, dass die Beteiligung der in weiten Teilen offen rassistischen FPÖ kein Problem mehr darstellt."

"Situationselastisch"

Laut Obonya neige der Landeshauptmann dazu, "das 'Nie wieder' situationselastisch zu vergessen". Der ehemalige Jedermann-Darsteller - Obonya spielte Hugo von Hofmannsthals "reichen Mann" bei den Salzburger Festspielen von 2013 bis 2016 - ließ seine Vertreterin die Auftaktrede mit einem Boykott-Aufruf gegen Haslauer schließen: Mit Blick auf die Eröffnung der kommenden Festspiele forderte er "meine Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen der Kunst" auf, "spätestens bei Beginn der Rede des Herrn Landeshauptmanns geschlossen die Felsenreitschule zu verlassen".

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Ähnlich angriffslustig äußerte sich Sarah Lena Schlegel von "Solidarisches Salzburg", dem Veranstalter der Demonstration. Das Arbeitsabkommen der Regierung spare Themen wie den menschengemachten Klimawandel aus und vermittle anachronistische Geschlechterrollen, Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung würden marginalisiert. Von der angehenden Regierung werde "ein Bild der Gesellschaft entworfen", das "jenseits der gelebten Realität in Salzburg" liege.

Offene Ablehnung

Auch die Abschlusskundgebung am Residenzplatz war von offener Ablehnung des frisch formierten Kabinetts geprägt. Der österreichische Schriftsteller Ludwig Laher bezeichnete die Aussagen Haslauers vor der Wahl, als Koalitionspläne mit der FPÖ noch in Abrede gestellt wurden, als "heiße Luft". Es sei "lächerlich, zwischen rhetorisch sanften und radikalen Blauen zu unterscheiden". Monika Salzer, Psychotherapeutin, Autorin und Gründerin der "Omas gegen Rechts" konstatierte, dass die "einst staatstragende ÖVP seit dem Dammbruch im Jahr 2000 durch eine durch und durch fehlgeleitete Politik der FPÖ zur Macht verholfen" habe und resümierte warnend: "Dieses politische Klima vergiftet unsere Kinder und Enkelkinder."

Der Sprecher von Fridays for Future verurteilte die "rückwärtsgewandte, verantwortungslose Politik auf Kosten unserer Zukunft" der schwarz-blauen Regierung, die "nicht tragfähig genug" sei, "Salzburg sozial- und klimapolitisch in die Zukunft zu führen". Auch das antirassistische Kollektiv "Antira" und feministische Aktivistinnen verschiedener Organisationen meldeten sich zu Wort. Nicht nur entwickle sich Salzburg zu einem Bundesland, das "nur seine privilegierte weiße Bevölkerung" unterstütze. Ebenfalls werde "mutige feministische Arbeit um Jahre zurückgeworfen".

Die Protestbewegung "Solidarisches Salzburg", hinter der sich mehr als 20 zivilgesellschaftliche Organisationen geschart hatten, wertete die Demonstration als vollen Erfolg, wie Sarah Lena Schlegel in einer Aussendung vom Montagabend betonte: "Heute haben wir gezeigt, dass die Menschen in Salzburg diese rückschrittliche Politik nicht hinnehmen". Man habe bewiesen, "dass der Widerstand gegen diese Regierung riesig" sei. "Und dieser Widerstand wird sich jeden Tag gegen jede rückschrittliche Entscheidung dieser Landesregierung stellen."

Am Tag der Angelobung, Freitagnachmittag, hatten nur (von den Salzburger Nachrichten gezählte) sieben Personen vor dem Regierungssitz im Chiemseehof protestiert.

Mehr dazu: Schwarz-Blau in Salzburg: Was die neue Landesregierung vorhat

Unklarheit über Demoroute

Organisatorisch gerieten die Veranstalter der Demonstration unlängst mit den Behörden aneinander. Ursprünglich sollte der Protestzug am Festspielhaus vorbei zum Residenzplatz ziehen. Mitte vergangener Woche untersagte die Landespolizeidirektion diese Route jedoch mit Verweis auf eine Sicherheitszone um die Pfingstfestspiele. Sarah Lena Schlegel von "Solidarisches Salzburg" argwöhnte in einer Aussendung vom Donnerstag, man ziele darauf ab, "unserem Protest Steine in den Weg zu legen".

Mehr als zwanzig zivilgesellschaftliche Organisationen hatten sich in den vergangenen Wochen zum "Bündnis gegen Schwarz-Blau" formiert, das im organisatorischen Zentrum der Demonstration steht, und veröffentlichten gemeinsame Pressemitteilungen. Unisono mit dem neuen DÖW-Chef Andreas Kranebitter konstatierte etwa der Salzburger KZ-Verband bei der FPÖ ein "Rechtsextremismus-Problem, nicht nur an ihren Rändern". Die Plattform Menschenrechte Salzburg warnte vor "einem Abschleifen sozialer Rechte und der Missachtung der Menschenrechte in Salzburg". Die FPÖ mache "immer wieder Stimmung gegen verschiedene Gruppen von Menschen" und versuche, "diese gegeneinander auszuspielen".

Das Salzburger Friedensbüro schlägt in eine ähnliche Kerbe: Da die Politik der FPÖ "in den letzten Jahren zunehmend durch Ausgrenzung, Hetze und eine Annäherung an den Rechtsextremismus gekennzeichnet" gewesen sei, spreche man sich "vehement gegen eine geplante Regierungsbeteiligung" aus.

Die Plattform "Soldarisches Salzburg" hatte sich im Jänner 2018 als Reaktion auf die österreichische Regierung aus ÖVP und FPÖ gebildet. Daraus habe sich ein Netzwerk entwickelt, "das entschieden jeglicher Politik der Ausgrenzung entgegentritt", heißt es auf der eigenen Webseite. Das Netzwerk bestehe aus engagierten Organisationen und Personen, die gemeinsam Aktivitäten planen. Im Mai bildete sich nun Das „Salzburger Bündnis gegen Schwarz-Blau“.