Politik/Ausland

Links, rechts – Populisten im Aufwind

Der Seufzer der Erleichterung nach der ersten Runde der französischen Präsidentenwahl war in ganz Europa zu hören – das befürchtete Schreckensszenario hatte sich nicht bewahrheitet: Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon flog aus dem Wahlrennen und Rechts-Populistin Marine Le Pen hatte gegenüber dem späteren Wahlsieger Emmanuel Macron keine Chance. Doch was in der Euphorie über den Wahltriumph des neuen französischen Staatschefs unterging, war die Tatsache, dass Rechts- und Linkspopulisten in Frankreich nie zuvor so viele Wähler gehabt haben.

Damit liegt die Grande Nation voll im europäischen Trend. Die populistischen Parteien befinden sich im Aufwind, wobei die Rechtspopulisten konstant, die Linkspopulisten schubartig zulegten. Zu diesem Schluss kommt die umfassende Studie "TIMBRO Authoritarian Populism Index 2017", für die sechs europäische Thinktanks (European Policy Information Center) 33 Länder in Europa im Zeitraum von 1980 bis zum Vorjahr untersucht haben.

55,8 Millionen Europäer haben demnach bei ihren jeweils letzten Parlamentswahlen populistische Parteien gewählt. Das entspricht 21,4 Prozent der Wähler Europas. Oder: Von insgesamt 7843 Abgeordnetensitzen halten 1342 Populisten innen.

Damit haben die Populisten, seien sie von der rechten oder von der linke Seite, die liberalen Parteien als drittstärkste politische Kraft auf dem Kontinent abgelöst. In neun europäischen Ländern, sieben davon EU-Staaten, sind sie Teil der Regierung und haben damit so viel Macht wie nie zuvor. Das könnte noch mehr werden, heißt es in der Studie, "zumal Länder wie Österreich und Italien bald Wahlen abhalten werden".

"Der Links-Populismus hat direkt nach der Finanzkrise seinen Aufschwung genommen", schildert Andreas Johannson Heinö, einer der Studienautoren, dem KURIER. So erhielten die Links-Populisten 2010 nur rund drei Prozent der europaweiten Stimmen. Jetzt sind es doppelt so viele. In Zypern, Italien und Spanien erzielten die Links-Anti-Establishment-Parteien zuletzt 25, 28 und 21 Prozent. In Griechenland holte Alexis Tsipras mit seiner linken SYRIZA gleich 45 Prozent der Stimmen.

Die wachsende Ablehnung von Globalisierung, Zuwanderung und Flüchtlingen, EU-Integration und Multikulturalismus sieht Johansson hingegen als Mobilisierungsfaktor für die Rechtspopulisten. "Ihr langsamer, aber ständiger Zuwachs zeigt, dass es sich nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt, sondern dass es dafür strukturelle Ursachen gibt."

Österreich auf Platz 4

Den höchsten Wähleranteil von Rechtspopulisten ortet die Studie in Ungarn, wo Premier Orban mit seiner national-konservativen FIDESZ-Partei regiert. Ihm ist die ultra-rechte Jobbik-Partei auf den Fersen. Zusammen wird das rechts-populistische Wählerreservoir mit 65 Prozent beziffert. Darauf folgen Polen (46 Prozent), die Schweiz (31 Prozent) und Österreich: 2013 hatten die FPÖ und das BZÖ gemeinsam 24 Prozent der Stimmen gewonnen.

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