Politik/Ausland

Halb Hamburg ist nun Gefahrenzone

In New York nennt sich die Praxis „Stop and frisk“ - und auch dort ist sie umstritten. Deutschlands reichste Stadt hat das System des Anhaltens und Durchsuchens jetzt ebenso eingeführt wie die US-Metropole. Im Schanzenviertel, in St. Pauli, in Altona - dort, wo sich Touristen und Hipster am liebsten aufhalten - führt Hamburgs Polizei nun ihr ganz eigenes Regime.

Seit dem 4. Jänner gilt das Gefahrengebiet in der SPD-regierten Hansestadt. Seither dominieren Polizeihubschrauber die Szenerie, iImmer wieder dröhnen Polizeisirenen auf den Straßen – so sieht es aus, wenn die Stadt Hamburg ernst macht.

Die "Rote Flora"

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Innensenator Michael Neumann und Bürgermeister Olaf Scholz haben die Zone ausgerufen, um ein Zeichen gegen die eskalierende linke Gewalt in der Hansestadt zu setzen. Seit Dezember protestieren Autonome, anfangs für den Erhalt des Kulturzentrums „Rote Flora“, später gegen die Polizei selbst. Das ehemalige Theater mitten in der Schanze ist seit 1989 besetzt und soll nach einem Verkauf an einen Investor nun abgerissen werden - der anfangs friedlich geführte Protest dagegen lief komplett aus dem Ruder. Bei Straßenschlachten wurden hunderte Personen verletzt - auf beiden Seiten.

Hamburg im Ausnahmezustand

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Leib und Leben

Das Gefahrengebiet soll nun die Attacken auf die Exekutive eindämmen. Die Polizeistation an der Reeperbahn, die berühmte Davidwache, war bereits Ziel der Angreifer – 300 Vermummte hatten sie mit Steinen beworfen, mehrere Autos komplett zerstört. Dies will man jetzt unterbinden: Wer sein Gesicht nicht zeigen will, wird in Gewahrsam genommen. „Dadurch können relevante Personengruppen einschließlich ihrer mitgeführten Sachen überprüft und aus der Anonymität geholt werden“, argumentiert die Polizei. Schließlich gehe es um „Leib und Leben der Beamten“.

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Die alleinregierende SPD verfolgt damit eine Law-and-Order-Politik, die man eigentlich eher der CDU zuschreiben würde. Doch in Hamburg ticken die Roten scheinbar ein wenig anders: Bereits im Vorjahr machte sich Neumann mit der Entscheidung, die Exekutive gezielt schwarze Flüchtlinge festnehmen zu lassen, wenig Freunde bei sozial gesinnten Genossen. „Racial Profiling“ wurde ihm damals vorgeworfen – Neumann, früher Berufssoldat, scheint das egal: Bürgerliche Wählerstimmen scheinen in der Stadt an der Elbe mehr wert, mußmaßt derSpiegel.

Irritation und Kritik

Doch die Zahl der Kritiker wächst: Grüne und FDP geben sich zwar noch verhalten, fordern eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit; der Linken-Politikerin Christiane Schneider geht aber laut Deutscher Welle die "Einrichtung eines Gefahrengebiets, in dem Zehntausende Menschen leben, entschieden zu weit“. Auch die Bewohner der Viertel, die nun als Gefahrenzone ausgewiesen sind, sind irritiert durch die Härte der Politik.

Wie lange die Bewohner der Sternschanze und der umliegenden Viertel noch mit dieser Situation leben müssen, ist ungewiss: Erstmals hat die Stadt der Polizei kein zeitliches Limit für die Gefahrenzone gesetzt. In New York dauert dieser Ausnahmezustand nun schon seit den 1990ern an - 684.000 Personen wurden allein im Jahr 2011 gefilzt.

Das Hamburger Gefahrengebiet

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