Politik/Ausland

Libyen: Autobombe vor Polizeischule - Dutzende Tote

Bei dem Selbstmordanschlag auf ein Trainingscamp der Polizei in Westlibyen sind am Donnerstag nach offiziellen Angaben mindestens 47 Menschen getötet und 118 weitere verletzt worden. In ersten Meldungen war von 65 Toten die Rede.

Der Anschlag richtete sich gegen das Ausbildungszentrum in der westlichen Küstenstadt Zliten. Der Stadtrat teilte mit, ein mit Sprengstoff gefüllter Lastwagen sei in der Nähe einer Gruppe von Polizisten explodiert. Auf dem Gelände würden Sicherheitskräfte der Küstenwache ausgebildet.

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Zeugen berichteten, Anrainer hätten Verletzte in Rettungswagen und Privatautos in die nahegelegene Stadt Misrata gebracht. Viele hätten Splitterwunden erlitten. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag.

Zweiter Anschlag

Ein Selbstmordattentäter hat bei einem Anschlag im Norden Libyens sechs Menschen mit in den Tod gerissen. Der Fahrer eines Geländewagens habe sich am Donnerstag an einem Kontrollpunkt nahe dem Ölhafen in Ras Lanuf in die Luft gesprengt, teilte die Hilfsorganisation Roter Halbmond mit. Unter den Opfern seien drei Wachen und ein 16 Monate altes Baby

Karte: Küstenstadt Zliten

Brüchige politische Lage

In Libyen herrscht seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos. Das Land wird von dutzenden bewaffneten Milizen beherrscht, die neben den zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten um die Macht ringen. Islamisten wie der IS nutzen die Krise für ihre Ziele aus.

Ähnliche Angriffe waren in der Vergangenheit vom libyschen Ableger IS-Miliz verübt worden. Der IS kontrolliert in dem nordafrikanischen Land einen Küstenstreifen am Mittelmeer rund um die Stadt Sirte. Zliten, eine vergleichsweise wohlhabende Handelsstadt in dem ölreichen Land, ist allerdings nicht dafür bekannt, Zufluchtsort für Jihadisten zu sein.

"Wir haben Informationen, dass vor zwei Tagen ein Boot in der Stadt angekommen ist, das Fremde an Bord hatte", sagte eine Sicherheitsquelle in der Stadt der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Am Mittwoch hätten Sicherheitskräfte versucht, alle Menschen ausfindig zu machen, die sich illegal in der Stadt aufhielten. "Aber leider konnten wir dieses Desaster nicht stoppen."

UN-Beauftragte warnte nach Angriff auf Öl-Häfen

Erst am Mittwoch hat der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, vor einem weiteren Erstarken der IS-Extremisten in dem nordafrikanischen Land gewarnt. "Jeder Tag, an dem das Abkommen (zwischen den rivalisierenden Regierungen) nicht umgesetzt wird, ist ein gewonnener Tag für den IS", erklärte der deutsche Diplomat am Mittwoch.

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Der Angriff der Extremisten auf zwei wichtige Öl-Häfen im Norden Libyens verdeutliche die Notwendigkeit, "das politische Abkommen umzusetzen und eine Einheitsregierung zu bilden", sagte Kobler. IS-Kämpfer hatten die Terminals am Montag attackiert, konnten aber zurückgedrängt werden. Die Öl-Ressourcen des Landes gehörten "dem libyschen Volk sowie den kommenden Generationen" und müssten gegen den IS verteidigt werden, betonte Kobler.
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