Politik/Ausland

Im Saarland verpufft der Schulz-Hype

"Dass das so deutlich ausfällt, das hat mich auch überrascht.“

Annegret Kramp-Karrenbauer bleibt der Mund offen stehen, als die ersten Ergebnisse verkündet werden: 41 Prozent, das sind sechs Prozent mehr, als die saarländische CDU-Ministerpräsidentin 2012 erreicht hat – das ist ein Ergebnis, das selbst die überzeugtesten CDUler bass erstaunt zurücklässt.

Keine Merkelmüdigkeit

Die viel zitierte Merkelmüdigkeit und der Schulz-Hype: Die beiden Narrative, die die Prognosen für die Wahl im kleinsten Flächenbundesland der Republik so stark beeinflussten, machten sich in der Urne nicht bemerkbar. Obwohl SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger in den letzten Wochen in Umfragen fast bis zur CDU herangekommen war, bekam sie am Sonntag nur 29,5 Prozent der Stimmen – eine Koalition mit Linken-Chef Oskar Lafontaine, die vorab schon als paktiert galt, fällt damit aus. Seine Partei holte nur 13 Prozent, ebenso wie die SPD deutlich weniger als noch 2012; übrig bleibt damit nur eine Große Koalition. Die AfD konnte mit knapp sechs Prozent in den Landtag einziehen, Grüne und FPD schafften es nicht.

"Ein Langstreckenlauf"

Dass Kramp-Karrenbauer viele Bürger aus der Nicht-Wählerschaft zurückholen konnte – die Wahlbeteiligung stieg um zehn Prozentpunkte –, lässt die SPD etwas ratlos zurück. "Es gibt nichts zu beschönigen", sagte ein sichtlich ernüchterter Martin Schulz; die Gründe dafür machte er in der Person Kramp-Karrenbauers fest – sie hat Beliebtheitswerte, von denen andere Politiker nur träumen. Dennoch positionierte er seine Partei angriffig: "Das heißt nicht, dass wir unser Ziel nicht erreichen werden", sagte er – der Regierungswechsel im Bund sei "kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf".

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Einen Grund für den Dämpfer könnte Schulz bei sich selbst suchen. Er ging erstmals mit einem ausdefinierten Programm an die Öffentlichkeit, in dem er für mehr Einkommensgleichheit zwischen den Geschlechtern, das Recht auf Rückkehr in die Vollzeit sowie den Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Ganztagsschule warb. Das war nicht nur ein Signal an die Wähler im Saarland, sondern vor allem an die Linkspartei: Die Zeit der Absagen, die sein Vorgänger Gabriel der Linken eben wegen Oskar Lafontaine und dessen Ehefrau Sahra Wagenknecht noch erteilt hatte, ist definitiv vorüber. "Wer mit uns regieren will, ist herzlich eingeladen, auf uns zuzukommen", so Schulz.

Rotes Schreckgespenst

Gut möglich, dass es diese Festlegung war, die Wähler verschreckte. Die CDU spielt diese Karte jedenfalls verstärkt aus: Sie drückt schon länger auf den Angst-Knopf in puncto Rot-Rot-Grün; und sie hat sich auch selbst vom Gedanken, weiterhin mit der SPD zu regieren, verabschiedet. Man präferiert eine Koalition mit den Grünen oder der FPD – oder im schlechtesten Fall sogar mit beiden.

Testläufe dafür stehen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen bevor – da gilt es für Merkels Partei, den Schwung aus dem Saarland auszunutzen. In beiden Ländern liegt die CDU abgeschlagen auf Platz zwei; bisher konnte die Union zu den rot-grünen Koalitionen nicht aufschließen. Besonders wichtig wäre das für Merkel im knapp 18 Millionen Einwohner zählenden Nordrhein-Westfalen, wo mit Armin Laschet einer ihrer engsten Vertrauten antritt.

Er hat für sie ähnlichen Stellenwert wie Kramp-Karrenbauer – sie kann sich jedenfalls nun in einem sicher sein: Ihr Spitzname "Merkel von der Saar" hat wieder an positivem Klang gewonnen.

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