Politik/Ausland

Korruptionsjägerin knöpft sich Geheimdienstchefs vor

Nahezu pausenlos belagern Kamerateams den Eingang von Rumäniens Anti-Korruptionsbehörde (DNA) – es gilt, live dabei zu sein, wenn der nächste " dicke Fisch" in die Bukarester Behörde zitiert wird. Demnächst wird Rares Vaduva erwartet, seit Februar Chef des Geheimdienst des Innenministeriums.

Gegen ihn sowie zwei seiner Amtsvorgänger und drei weitere Spitzenbeamte des Ministeriums werden Strafverfahren eingeleitet, gab die Anti-Korruptionsbehörde gestern bekannt. Der Vorwurf: Amtsmissbrauch, Veruntreuung von öffentlichen Geldern, Dokumentenfälschung.

Die sechs Herren befinden sich in illustrer Gesellschaft. Allein im Vorjahr brachte die DNA 1250 Personen vor Gericht. Angeklagt wurden auch Ex-Ministerpräsident Victor Ponta, fünf seiner Kabinettsmitglieder und 21 Parlamentsabgeordnete. Außerdem: Zahllose Bürgermeister, Staatsanwälte, Polizisten und Geschäftsleute.

Endemische Korruption

Geleitet wird die durchschlagskräftige Behörde, der die Rumänen bereits ebenso viel Vertrauen schenken wie der Kirche (61 Prozent), seit drei Jahren von Laura Codruta Kövesi. Bereits mit 33 Jahren einst die jüngste General-Staatsanwältin des Landes stieg Kövesi 2013 an die Spitze der in Rumänien bis dahin wenig beachteten Anti-Korruptionsbehörde auf. Zehn Jahre lang hatte die DNA vor sich hin gedümpelt. Auf Druck der EU hin war die Behörde gegründet worden, um Rumäniens Kampf gegen die grassierende Korruption einzuleiten. Doch auch nach Rumäniens Beitritt zur EU blieb zunächst alles beim Alten: Funktionäre bedienten sich am Staatseigentum, Politiker versorgten sich und ihre Klientel, ganze Institutionen wurden von oben bis ganz unten gut geschmiert, um sie am Laufen zu halten.

Bestrafung hatten kaum jemand zu befürchten – bis Laura Kövesi der Behörde Krallen versetzte. Die 43-jährige Juristin ließ sich weder von Beschimpfungen einschüchtern noch von Anschuldigungen bremsen, sie betreibe gegen bestimmte Politiker eine "Hexenjagd". "In den vergangenen Jahren haben wir gegen Politiker aller Parteien ermittelt, egal, ob sie an der Macht oder in der Opposition waren", stellt sie immer wieder klar.

Ihr zur Seite steht mittlerweile ein Team von mehr als hundert Staatsanwälten. Sie bearbeiten weit über 10.000 Fälle. Wer angeklagt wurde, wurde zu 90 Prozent auch verurteilt. Ein Beweis, meint Kövesi, wie professionell und gut vorbereitet die Behörde arbeite.

Dass der DNA die Fälle nicht ausgehen, dafür sorgen mittlerweile tausende rumänische Bürger. Jeden Morgen wartet gut ein Dutzend Menschen vor dem Bukarester Amtsgebäude, um Verfehlungen, Bestechung oder Schlimmeres zu melden.

Dass auch die DNA-Chefin Kövesi unter Beobachtung steht, musste die in Rumänien mittlerweile populärste Frau im Frühjahr feststellen. Zwei ehemalige Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad und nunmehr für einen privaten Sicherheitsdienst unterwegs hatten versucht, Kövesi auszuspionieren, flogen aber im April auf und wurden verhaftet. Die Chefkämpferin im rumänischen Polit-Haifischbecken hat die Angelegenheit nicht groß kommentiert. "Ein missglückter Einschüchterungsversuch", sagte sie trocken und ging zur ihrer gewohnten Arbeit über.