Nordkorea empfiehlt auch China Botschaftsräumung
China galt bislang als einer der wenigen Partner der isolierten Diktatur. Nun hat Pjöngjang aber auch seinem Nachbarn die Evakuierung seiner Botschaft nahe gelegt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur dpa am Samstag in Peking aus informierten Kreisen. Es gebe aber noch keine Entscheidung, wie sich die chinesische Regierung verhalten werde. In der Empfehlung der nordkoreanischen Seite an die ausländischen Botschaften in Pjöngjang habe es geheißen, dass bis Mittwoch noch bei einer Evakuierung der Diplomaten geholfen werden können, aber dass danach keine Unterstützung erwartet werden könne.
Ungeachtet aller Warnungen für ausländische Botschaften bleiben die Diplomaten und ihre Mitarbeiter vorerst in Pjöngjang. Bisher habe kein Land Botschaftspersonal aus dem kommunistischen Land abgezogen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap.
"Wir glauben nicht, dass irgendeine ausländische Vertretung dabei ist, aus Pjöngjang abzuziehen", sagte ein Regierungsvertreter in Seoul. "Die meisten ausländischen Regierungen sehen in der nordkoreanischen Nachricht den Versuch, die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel weiter anzuheizen."
Wie ein EU-Diplomat in Brüssel mitteilte, ist in der nordkoreanischen Hauptstadt ein Treffen der sieben EU-Länder geplant, die in Nordkorea eine Botschaft unterhalten. Dazu gehören Deutschland, Großbritannien, Schweden, Polen, Rumänien, Bulgarien und Tschechien. Österreich hat keine eigene Vertretung in Nordkorea, die Agenden für die "Demokratische Volksrepublik Korea" werden von der Vertretung in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul mitbetreut.
Die Lage auf der koreanischen Halbinsel gilt seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als extrem gespannt. Pjöngjang hatte als Reaktion auf die Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch- amerikanische Militärmanöver den Waffenstillstandsvertrag von 1953 aufgekündigt. Am Samstag rief Pjöngjang den "Kriegszustand" im Verhältnis zu Südkorea aus. Seit den 1950er Jahren befinden sich die Nachbarn formell weiter im Krieg.
Nordkoreas Militär verlegte eine zweite Mittelstreckenrakete an die Ostküste des Landes, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Bereits am Vortag hatte das südkoreanische Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass Nordkorea eine Mittelstreckenrakete an die Ostküste verlegt habe. Die Flugkörper haben eine Reichweite von bis zu 4000 Kilometern und könnten Südkorea, Japan oder eine US-Militärbasis auf der Insel Guam im Pazifik treffen.
Die USA schließen einen erneuten Raketenstart Nordkoreas nicht aus. Die Regierung verfolge Berichte über entsprechende Vorbereitungen in Nordkorea sehr genau. "Wir wären nicht überrascht, wenn wir eine solche Aktion sehen würden", sagte Regierungssprecher Jay Carney am Freitag vor Journalisten in Washington. Ein solcher Schritt würde zur derzeitigen kriegerischen Rhetorik des kommunistischen Regimes passen.
Man arbeite eng mit China und Russland zusammen, um auf Nordkorea Einfluss zu nehmen, fügte Carney hinzu. Das kommunistische Regime solle seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen. Nordkorea droht den USA seit Tagen mit einem Atomschlag.
Angesichts der militärischen Drohungen aus Nordkorea verlegte die US-Armee außerdem eine Spionage-Drohne nach Japan. Die Global Hawk-Drohne werde auf dem US-Stützpunkt Misawa im Norden des Landes stationiert, berichtete die Zeitung Sankei Shimbun am Samstag. Die US-Armee habe Japan im vergangenen Monat über ihre Pläne informiert, die Drohne zwischen Juni und September auf den Stützpunkt zu verlegen, angesichts der Spannungen mit Nordkorea den Termin aber vorgezogen. Es ist die erste Stationierung einer solchen US-Drohne in Japan.
Industriepark Kaesong
Eine Entspannung ist auch in dem von Nord- und Südkorea gemeinsam betriebenen Industriepark Kaesong nicht in Sicht. Die Führung in Pjöngjang verweigert seit Mittwoch sowohl südkoreanischen Pendlern als auch Lieferanten die Einreise. Wegen eines Feiertages in Nordkorea erschienen die 53 000 nordkoreanischen Mitarbeiter am Freitag ohnehin nicht zur Arbeit in den 123 Unternehmen.