Keine klare Mehrheit in Tschechien
Die vorgezogenen Parlamentswahlen haben in Tschechien zu einem politischen Erdbeben geführt. Die traditionellen Parteien mussten schwere Verluste hinnehmen, während ganz neue, populistische Gruppierungen, an deren Spitze Unternehmer stehen, den Einzug ins Parlament schafften. Das Wahlergebnis zeigt, dass viele Tschechen jemanden anders an der Regierung wollen, der der Korruption ein Ende setzt, von der die früheren Regierungen mehr oder weniger betroffen waren. Die Bewegungen ANO 2011 des Milliardärs Andrej Babis sowie "Tagesanbruch der direkten Demokratie" des tschechisch-japanischen Unternehmers und Senators Tomio Okamura haben erfolgreich darauf im Wahlkampf gesetzt und viel Hoffnung erweckt.
Sozialdemokraten enttäuscht
Milliardär als Wahlsieger
Auf jeden Fall muss man in Prag mit einer komplizierten Regierungsbildung rechnen, weil die Mehrheitsverhältnisse nicht ganz eindeutig sind. Die beiden größten Gruppierungen - CSSD und ANO 2011 - scheinen zu irgendeiner Art der Zusammenarbeit verurteilt zu sein. Eine solche aber dürfte nicht leicht werden, da sich ihre Programme deutlich unterscheiden, vor allem in der Frage der Steuern, welche die CSSD erhöhen will, was Babis ablehnt.
Ball liegt bei Präsident Zeman
Dabei ist es in Prag kein Geheimnis, dass Zeman keine besondere Zuneigung für den Chef der siegreichen CSSD Bohuslav Sobotka empfindet. Der Staatschef hatte vor den Wahlen mehrmals angedeutet, dass er einen "Vertreter", nicht zwingend also den Spitzenkandidaten der siegreichen Partei mit der Regierungsbildung beauftragen werde. Die CSSD, die intern zwischen Zeman-Anhängern und -Gegnern gespalten ist, steht aber vorerst hinter ihrem Chef.
Jedoch hat Zeman bereits einmal bewiesen, dass er sich nicht unbedingt immer nach dem Willen der Parlamentsparteien richten will. Im Sommer hatte er kurzerhand Jiri Rusnok zum Übergangspremier ernannt, obwohl die frühere Mitte-Rechts-Koalition über eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügte.