Politik/Ausland

Karas: "Ich bin die Antwort auf die Neos"

KURIER: Herr Karas, wie soll Ihr EU-Wahlkampf aussehen?

Othmar Karas: Sachlich und mit dem Fokus darauf, in der EU etwas zu bewirken. Er soll klarmachen, welche Rolle das EU-Parlament hat.

Wahrscheinlich werden andere Themen dominieren, etwa die Zuwanderung. Glauben Sie, dass bei einem Referendum wie in der Schweiz auch EU-Staaten, etwa Österreich, für Ausländerquoten stimmen würden?

Nein. Die Menschen wissen, dass kein Problem der Welt sich lösen lässt, indem ich die Freiheit der Menschen einschränke. Die Menschen wollen, dass die europäischen Werte durchgesetzt werden. Die Personenfreizügigkeit nützt allen – den Schweizern, auch uns Österreichern, auch den Bulgaren. Für Zuzug und Migration haben wir klare Regeln.

Die Schweizer wollen trotzdem Ausländerquoten.

Die Folgen der Abstimmung wurden nicht ausreichend mit den Bürgern diskutiert. Die Politik dort hat sich zu wenig bemüht, Angst zu nehmen. Das ist ja auch meine Auseinandersetzung mit der FPÖ: Politiker, die nicht Angst nehmen, sondern Angst machen und mit der Angst der Menschen spielen, können keine Probleme lösen. Sie schaden den Menschen und dem Land.

Zweites großes Wahlkampfthema wird das Hypo-Schlamassel sein. Haben Sie Angst, dass das den Wahlkampf überschattet? Dass mit dem Frust die Wahlbeteiligung sinkt und die Zahl der Proteststimmen steigt?

Ich habe vor nichts Angst, ich stelle mich den Fragen. Ich habe in den letzten Jahren die EU-Gesetze mitgestaltet, die in Zukunft solche Fälle wie die Hypo wesentlich unwahrscheinlicher machen. Wenn wir etwa die Bankenunion, die 2015 kommt, für die Hypo schon gehabt hätten, dann müsste der Staat jetzt nicht dem Steuerzahler in die Tasche greifen.

Das ist ein gutes Beispiel, an dem die Menschen den Einfluss der EU-Abgeordneten sehen. Das rückt die Bedeutung der Europa-Wahl ins richtige Licht und schärft das Anforderungsprofil an die Kandidaten: Die EU mitgestalten ist keine Schmähpartie.

2009 hat die ÖVP Platz eins geholt. Die 30 Prozent von damals scheinen heute weit weg, laut Umfragen streiten jetzt SPÖ und FPÖ um Platz eins.

Ich bin angetreten, um die Wahl zu gewinnen und das heißt, Nummer eins zu werden. Es geht um die Frage, wer wird das Gesicht Österreichs in der EU: Karas oder Strache.

Was macht Sie so optimistisch, dass Sie dieses Duell gewinnen?

Weil ich schon einmal bewiesen habe, dass man mit durchsetzungsstarker Arbeit und Verwurzelung zu Hause Erfolg hat – das zeigen meine 112.954 Vorzugsstimmen von 2009. Ich fühle mich als Kandidat aller Österreicher, die Europa besser machen wollen. Und ich werde alles daran setzen, dass ich über die Stammwähler der ÖVP hinaus Unterstützung bekomme.

Gleichzeitig müssen Sie aber verhindern, dass die Neos – wie schon bei der Nationalratswahl – im Teich der ÖVP-Wähler fischen. Was ist Ihre Antwort auf die Neos?

Ich bin die Antwort.

Sie sind die Antwort?

Ich bin die Antwort. Meine erfolgreiche Arbeit, meine überparteiliche Durchsetzungskraft, meine Offenheit, meine Erfahrung. Wer in Europa wirklich etwas ändern will, muss mich wählen.

Ein Satz zu SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund?

Er ist ein neuer Mitbewerber ohne Erfahrung im Europäischen Parlament. Ich warte auf seine Ideen.

Karriere
Karas, Jahrgang 1957, wurde 1983 als damals jüngster Abgeordneter aller Zeiten in den Nationalrat gewählt, wo er die Volkspartei bis zum Jahr 1990 vertrat.

EU-Erfahrung
Seit 1999 ist er Mitglied des EU-Parlaments, wo er nach dem Ausscheiden von Ernst Strasser 2011 die Leitung der ÖVP-Delegation übernahm und Vizepräsident des Hauses ist.

"Die sehr große EU-Skepsis in Österreich überschattet den Europa-Wahlkampf", fürchtet Politikwissenschafter Fritz Plasser. Das werde auch dazu führen, dass EU-skeptische und rechtspopulistische Parteien stärker mit ihren Themen und Streitfragen die Wahlauseinandersetzung bestimmen werden.

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Die FPÖ hat angekündigt, Zuwanderung in unser Sozialsystem, Zunahme der Kriminalität durch offene Grenzen und jetzt auch noch das Hypo-Debakel zum Inhalt des Wahlkampfes zu machen.

Plasser nennt die Fokussierung auf die Innenpolitik "eine Themenverfehlung, die in Österreich ausgeprägter ist als anderswo. Die Logik des innenpolitischen Wettbewerbs wird den Wahlkampf prägen", analysiert der Universitätsprofessor. Demnach dürften sich die Parteien nicht mit wichtigen EU-Zukunftsfragen oder dem Machtverhältnis im EU-Parlament beschäftigen, sondern mit der Frage, welche Folgen das Wahlergebnis auf die Innenpolitik und das Personal haben könnte. Plassers Fazit: "EU-Wahlen werden als Nebenwahlen gesehen."

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Viel Zeit nehmen sich die Parteien nicht, um den Wählern die EU zu erklären. Der Intensivahlkampf startet Ende April, am 25. Mai ist die Wahl.

Die Gegenstrategie der pro-europäischen Parteien gegen die FPÖ liegt in groben Umrissen vor: Die ÖVP kontert mit der Kompetenz von Othmar Karas (siehe Interview oben). ÖVP und SPÖ nennen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als ihren "Hauptgegner".

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SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund nimmt sich vor, EU-Skeptikern die Vorteile der Europäischen Union zu erklären und mit dem Thema Beschäftigung sowie Kampf gegen Steuerbetrug und Finanzspekulation zu punkten.

Die Neos wollen akribisch Fehlinformationen und EU-Mythen nachgehen. Ein täglicher Fakten-Check soll online präsentiert werden.

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Grüne wollen "enttäuschte SPÖ- und ÖVP-Wähler zurückholen", sagt Geschäftsführer Stefan Wallner. Auch die Trennlinien zu den Neos werden aufgezeigt: "Zu neoliberal" sei die pinke Partei.

Die Kosten des EU-Wahlkampfes werden von den Koalitionsparteien strikt geheim gehalten. Neos und Grüne sind dabei transparenter. Rund 800.000 Euro wollen die Neos über Spenden aufbringen. Die Grünen sind großzügiger: 1,6 Millionen Euro sind für den Europa-Wahlkampf vorgesehen.