Johnson im Rückwärtsgang: Mit der Pint ins Mittelalter
Von Bernhard Gaul
Der britische Boulevard bejubelt den neuesten Vorstoß von Premier Boris Johnson, den aus dem Mittelalter stammenden imperialen Maßeinheiten im Vereinten Königreich wieder mehr Gewicht zu verleihen. Durch den Brexit sei das endlich wieder möglich, feixt die Yellow Press, es geht also um eine Revanche an der EU und dem metrischen System. Das gilt zwar überall auf der Welt, aber eben nicht in UK, USA, Myanmar und Liberia.
Bei uns sind 100 Zentimeter ein Meter, tausend Meter ein Kilometer, tausend Gramm ein Kilogramm, tausend Kilogramm eine Tonne, und so weiter. Das metrische System hat sich fast überall durchgesetzt, weil man es leicht umrechnen kann. Das imperiale System ist hingegen kein in sich geschlossenes Maßsystem, dem außerdem jeglicher Bezug zum Dezimalsystem fehlt: 12 inches sind ein foot, drei feet ein yard, 1760 yard eine mile. 16 ounces sind ein pound, 14 pounds sind ein stone und acht stones sind ein hundredweight, außer in den USA, dort sind es nur sieben stones und zwei pound.
Beim Volumen sind 20 fluid ounces ein pint, und acht pint eine gallon. Eine gallon sind 4,5 Liter, außer in den USA, dort sind es 3,7 Liter.
Alles klar?
Übrigens hatten unterschiedliche Maßeinheiten und Umrechnungsfehler zwischen Softwareproduzent und NASA 1998 zum Crash des 500 Millionen Dollar-Mars Climate Orbiter geführt.
Klar macht Herr Johnson den Vorstoß vor allem, um von seinem Partygate (er feierte mit seinen Mitarbeitern Gartenpartys während der strengen Lockdowns) abzulenken. Und das ist die eigentlich schlechte Nachricht: Es gibt noch viel ältere Maßeinheiten, die Johnson bei der übernächsten Krise ausgraben kann, wie das noggin (eine Viertelunze), das root (ein Viertelmorgen) oder das spindle (120 skein).