Politik/Ausland

Johnson-Hochzeit: Warum sie "die Kirche schlecht aussehen lässt"

Die römisch-katholische Kirche muss sich Kritik dafür gefallen lassen, dass sie dem geschiedenen britischen Premierminister Boris Johnson die Ehe ermöglicht hat. "Ich befürchte, dass diese Entscheidung die Kirche schlecht aussehen lassen wird", sagte der katholische Geistliche Mark Drew dem britischen Sender BBC am Sonntag. Er berichtete, dass er katholische Paare mit Scheidungsgeschichte habe abweisen müssen.

Ähnlich äußerte sich auch der Religionskorrespondent des katholischen Magazins "The Tablet", Christopher Lamb. Die Kirche könnte durchaus "einladender" sein, sagte er. "Sie war einladend gegenüber Boris Johnson, warum nicht auch gegenüber anderen?" Laut der BBC konnte Johnson heiraten, weil seine beiden früheren Ehen nicht katholisch gewesen seien.

Johnson hatte am gestrigen Samstagnachmittag in der katholischen Westminster-Kathedrale von London seine Verlobte Carrie Symonds geheiratet. Symonds ist Katholikin. Johnson ist zwar katholisch getauft, wurde in seiner Zeit am Eton College jedoch als Anglikaner konfirmiert, was eigentlich eine Exkommunikation aus der römisch-katholischen Kirche zur Folge haben müsste, wie britische Medien berichten. Für die 33-Jährige ist es die erste Ehe, während der 56-Jährige seine erste Ehe im Jahr 1993 annullieren ließ und sich von seiner zweiten Frau im Vorjahr scheiden ließ. Mit dieser hat Johnson vier Kinder, dazu kommt ein weiteres Kind aus einer außerehelichen Affäre. Mit Symonds hat Johnson einen einjährigen Sohn.

Die römisch-katholische Kirche sieht die Ehe als unauflöslich an. Damit ist es nicht möglich, nach einer zivilrechtlichen Scheidung neuerlich kirchlich zu heiraten. Zudem sind wiederverheiratete Geschiedene vom Empfang von Sakramenten wie der Heiligen Kommunion ausgeschlossen.

Die anglikanische Kirche wurde vom damaligen englischen König Heinrich VIII. (1509-1547) gegründet, nachdem Papst Clemens VII. sich in den 1520er Jahren weigerte, seine erste Ehe mit Katharina von Aragon zu annullieren. Heinrich VIII. kam dann auf insgesamt sechs Ehen. Zur römisch-katholischen Kirche hatte die britische Politik in den vergangenen Jahrhunderten ein äußerst gespanntes Verhältnis. Erst im Jahr 1829 wurde es Katholiken erlaubt, ins Unterhaus gewählt zu werden, ein katholischer Premierminister gilt immer noch als Tabu. Johnson ist der erste katholisch getaufte Regierungschef des Landes. Der langjährige Labour-Premier Tony Blair (1997-2007) konvertierte ein halbes Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zum römisch-katholischen Glauben.