Johannes Hahn: Der Kommissar geht um auf Kreta
Ein Sturm mit Windstärke zehn fegt über die Insel, als Johannes Hahn ankommt. Die Windböen reißen die Delegation fast zu Boden, doch den Gouverneur von Kreta, Stavros Arnaoutakis, stört das nicht. Überschwänglich begrüßt er den EU-Kommissar für Regionalpolitik am Flughafen von Heraklion, als wären sie Uralt-Freunde: Umarmung, Wangenküsse, Schulterklopfen – Hahn lässt alles freundlich über sich ergehen. „Auf unserem Airport sind 2013 mehr Passagiere gelandet als in Athen“, sagt Arnaoutakis ganz plötzlich.
Hahn versteht die versteckte Botschaft, ein Versprechen für den Ausbau des internationalen Flughafens gibt es aber nicht. „Es geht mir um einen umfassenden, nachhaltigen Entwicklungsplan für die Insel.“
Im Büro des Gouverneurs wird mit Lokalpolitikern und Unternehmern hart verhandelt. Die Vorstellungen des Kommissars, mehr für Innovation und kleinere Unternehmen zu tun, werden ohne Widerrede akzeptiert. „Ich bin angenehm überrascht, welche präzisen Business-Pläne mir vorgelegt wurden.“
Was Hahn seit Jahren predigt, soll künftig in Kreta umgesetzt werden: „Qualitätstourismus das ganze Jahr über, Erzeugung und Verarbeitung von Agrarprodukten, Verbesserung der Abfallwirtschaft, umweltfreundliche Müllbeseitigung und generell mehr Umweltschutz sowie Energieeffizienz.“
1100 hoch qualifizierte Mitarbeiter aus der ganzen Welt forschen hier im Bereich Molekular-Biologie, Mathematik, Computer- und Medizintechnik (Laser-Forschung) sowie über die beste Konservierung historischer Ausgrabungen.
Angetan ist Hahn von der Computer-Abteilung, wo pädagogisch wertvolle Spiele für Kinder ab drei Jahren serienreif entwickelt werden. Wenn es künftig auf großen Bahn-, Flug- oder Seehäfen riesige Touch-Screens gibt, wo Touristen wichtige Informationen abfragen können, dann kommt die Technologie von FORTH zum Einsatz. 14 Patente hat das Institut in den USA angemeldet, nur drei in Europa. Den Kommissar freut das nicht, umgehend lässt er in Brüssel nachfragen, warum es mit dem europäischen Patent immer noch hapert. „Zu teuer“, raunen die Experten im Hintergrund. Hahn hört es nicht.
Exporte boomen
Aufgrund seiner hochwertigen Produkte und seines zielorientierten Managements konnte es den Umsatz trotz Krise steigern. Die Exporte nach Rumänien, Bulgarien und Albanien boomen.
Das Bruttoinlandsprodukt ist höher als auf dem Festland, dank der Touristen (siehe Karte unten) und der innovativen Betriebe. „Diesmal geht mir fast der Gesprächsstoff aus, weil sich die Dinge so gut entwickeln“, gibt Hahn zu. Er kann es kaum fassen, wie schnell die Menschen auf Kreta kapiert haben, worauf es ankommt. „Sie haben es verstanden, dass unsere Mittel an Strukturreformen geknüpft sind und an eine effiziente Administration. Blind für Straßen zu zahlen, die kaum befahren werden, ist passé. Jahrzehntelang wurde Regionalpolitik als Infrastrukturpolitik verstanden, jetzt ist es Wirtschaftsförderung“, erklärt Hahn. „Die Mentalität zu ändern, das ist die schwierigste Aufgabe.“
„Hier erkennen die Leute den Mehrwert der EU“, sagt Hahn nach einem anstrengenden Tag. Noch kann er nicht zum Flughafen fahren. Er muss in die Taverne, der Bürgermeister, die Lokalpolitiker, einige Unternehmer warten. „Du hilfst uns sehr, Du bist mein Freund“, betont der Gouverneur. Alle reden auf den Kommissar ein. Es trifft zu, was der Erzbischof von Kreta Stunden zuvor über Hahn gesagt hat: „Er kommt, und er kann zuhören.“
EU-Regionalpolitik als Motor für Wachstum und Jobs
Von 2014 bis 2020 stehen für die Kohäsions- und Regionalpolitik insgesamt 366,8 Milliarden Euro zur Verfügung, Österreich kann davon 1,11 Milliarden Euro abholen. EU-Kommissar Johannes Hahn hat die Regionalpolitik komplett reformiert. Die Vergabe von EU-Geldern ist daran gebunden, dass die Mittel Wachstum und Arbeitsplätze fördern. Im Zentrum stehen Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Hahn verlangt, dass die Empfängerländer die strengen Regelungen des Fiskalpaktes (Budgetdisziplin) einhalten und dadurch wettbewerbsfähiger werden.