Italien: Salvini peilt historischen Sieg in roter Hochburg an
„Ab Montag wird sich für Italien einiges ändern. Wir holen uns die Macht zurück.“ Bereits vor den beiden regionalen Testwahlen in der Emilia-Romagna und in Kalabrien, die am Sonntag über die Bühne gingen, hatte sich der Chef der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini, siegessicher gegeben. Seinen letzten großen Auftritt vor dem Urnengang hatte er gemeinsam mit seiner Kandidatin für die Emilia-Romagna, Lucia Borgonzoni, – und Silvio Berlusconi (Forza Italia) sowie der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia.
Rechtes Kalabrien
5,2 Millionen Italiener waren bei den Regionalwahlen stimmberechtigt. Und: Salvinis Kandidatin in der Emilia-Romagna hatte durchaus Chancen, die rote Hochburg zu erobern. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Stefano Bonaccini, hatte zuletzt aber Unterstützung der Anti-Populisten-Bewegung „Sardinen“ erhalten. Der „Antikörper gegen den Populismus“ tauchte in Bologna und Umgebung überall dort auf, wo die Lega gerade eine Veranstaltung abhielt. Mit Sardinen aus Karton oder Plakaten in der Hand protestierten sie gegen Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz. Ihr Ziel war es, die „rote Hochburg“ vor der Lega zu schützen. Im süditalienischen Kalabrien, wo man traditionell rechts wählt, wurde mit einem klaren Sieg der Berlusconi-Vertrauten Jole Santelli gerechnet.
"Wohnt hier ein Drogendealer?"
Der ehemalige Innenminister Salvini – bekannt für seine ausländerfeindlichen Parolen und sein aggressives Auftreten – war im Wahlkampf äußerst aggressiv aufgetreten. Ein Beispiel: Mit einem Journalistentross zog er durch ein Wohnviertel an der Peripherie von Bologna. Vor laufenden TV-Kameras läutete er an einem Hochhaus an und rief in die Gegensprechanlage: „Machen Sie die Tür auf. Wohnt hier ein Drogendealer? Ihr seid doch Tunesier.“ Dort wohnte aber kein Dealer, sondern eine tunesische Familie. Empört zeigten sich ein Abgeordneter in Tunesien sowie die betroffene Familie, die Salvini klagen will.
"Räumungsbefehl"
Doch der Lega-Mann hat vor allem ein Ziel: Er will der nationalen Regierung von Premier Giuseppe Conte den „Räumungsbefehl“ erteilen. „Wir schicken Conte, Renzi (Chef der neuen Partei Italia Viva) und Zingaretti (Chef der Sozialdemokraten) nach Hause“, polterte Salvini.
Tatsächlich könnte die Koalition in Rom, bestehend aus Sozialdemokraten und der Fünf-Sterne-Bewegung, nun gehörig unter Druck geraten. Conte hatte sich vorab bereits bemüht, die Bedeutung herunterzuspielen. Das Wahlergebnis habe keine Auswirkungen auf die Stabilität seines Kabinetts. Außerdem stünden bis Sommer noch weitere Urnengänge in sechs Regionen an.
Chaos bei Fünf-Sterne-Bewegung
Doch die Turbulenzen machten Conte bereits in der Vorwoche zu schaffen. Nachdem Luigi Di Maio, der weiter Außenminister bleibt, seinen Fünf-Sterne-Parteivorsitz zurückgelegt hatte, sagte der Premier seinen Besuch beim Weltwirtschaftsforum in Davos ab. Der Regierungschef befindet sich in einer Doppelmühle: Einerseits verspürt er Druck von der oppositionellen Rechten, andererseits befinden sich die Fünf Sterne, einst vom Komiker Beppe Grillo gegründet, in einer Identitätskrise.