Politik/Ausland

Napolitano sucht neue Regierung

Nachdem der mit der Regierungsbildung beauftragte Mitte-Links-Chef, Pierluigi Bersani, das Handtuch geworfen hat, hat der italienische Präsident Giorgio Napolitano am Freitag politische Konsultationen aufgenommen. Napolitano traf Mitte-rechts-Chef Silvio Berlusconi, der seine Bereitschaft bekräftigte, eine "große Koalition" zu bilden. Er sei auch bereit, eine Regierung unter der Führung Bersanis einzugehen. Berlusconi schloss aus, dass seine Mitte-rechts-Alllianz eine Expertenregierung unter der Führung einer parteiunabhängigen Persönlichkeit unterstützen würde.

Das Mitte-Links-Bündnis um Bersani hatte die Wahlen Ende Februar gewonnen, braucht im Senat jedoch einen Koalitionspartner. Grillos Bewegung lehnte es ab, Bersani das Vertrauen auszusprechen. Bersani seinerseits wollte grundsätzlich keine große Koalition mit dem Mitte-Rechts-Bündnis Berlusconis.

Neuwahlen frühestens im Sommer möglich

Nach sechs Tagen zermürbender Konsultationen musste der 61-jährige Bersani am Donnerstag seine Bemühungen zur Regierungsbildung aufgeben. Nach einem über einstündigen Gespräch mit Napolitano berichtete er in einer kurzen Ansprache, dass er "unannehmbare Bedingungen" abgelehnt habe, die ihm für eine Regierungsbildung gestellt worden seien. Nach dem gescheiterten Versuch Bersanis ertönt vonseiten der Allianz um Berlusconi laut die Forderung nach Neuwahlen.

Diese sind allerdings erst im Sommer möglich, da Napolitanos Mandat im Mai endet. Laut Verfassung darf der Präsident in den letzten Monaten seiner Amtsperiode die Volksvertretung nicht mehr auflösen. Das wäre allerdings die Vorraussetzung für Neuwahlen. Präsident Napolitano, der laut Verfassung über beschränkte Kompetenzen verfügt und hauptsächlich eine Notarsfunktion innehat, indem er vom Parlament verabschiedete Gesetze unterzeichnet, spielt bei der Regierungsbildung eine wichtige Rolle. Laut Verfassung kann er einem Premierkandidaten den Auftrag zur Bildung eines Kabinetts erteilen oder Neuwahlen ausschreiben, sollte er feststellen, dass eine Regierungsbildung unmöglich ist. Damit in Italien ein neuer Urnengang stattfinden könnte, müsste zuerst ein Nachfolger Napolitanos gewählt werden. Doch das Parlament ist sich durchaus noch nicht im Klaren, wer zum neuen Staatschef aufrücken könnte.

Als einzige Lösung für den politischen Stillstand erachten politische Beobachter, dass Napolitano einen Außenseiter mit der Bildung einer breiten Mehr-Parteien-Koalition oder einer neuen Technokraten-Regierung beauftragt, ähnlich wie die des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti. Wer dies jedoch sein könnte, ist unklar.