Politik/Ausland

Israel: Trumps Besuch wirft Schatten voraus

Der Wahlkämpfer Donald Trump galt unter Israels Rechten als Messias. Jetzt kommt er als US-Präsident und offizieller Staatsgast nach Israel – doch nicht mehr als politischer Erlöser. Im Gegenteil: Für viele auf der Rechten ist er nun "Obama II". Wohl zu Unrecht: Trumps Vorgänger hatte zwar keine Freunde unter Israels Rechten, seine militärische Hilfe an Israel übertraf an Qualität und Quantität aber die all seiner Vorgänger. Trump schloss in Saudi Arabien Waffengeschäfte im Wert von 110 Mrd. Dollar ab. Nach Israel kommt er mit nicht eingehaltenen Versprechen.

Versprochen hatte er den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Was als Anerkennung des umstrittenen Hauptstadt-Status gelten würde. "Missverständnisse" dieser Art will Trump wie all seine Vorgänger vermeiden. Darum auch soll Israels Premier Benjamin Netanjahu beim Besuch der umstrittenen Altstadt nicht an seiner Seite sein. So weit, so klar.

Israels Rechte hadert

"Das ist aber nicht endgültig", erklärt er dann am Wochenende im Interview mit dem von Netanjahus Freunden finanzierten Kostenlos-Blatt HaYom. Darf Netanjahu also doch dabei sein? Das Konkurrenzblatt Haaretz spöttelte: "Im Flick-Flack übertrifft ihn keiner."

Trump war noch nicht gelandet, da sprach Israels Kabinett am Sonntag bereits über mögliche US-Vorschläge, wie neue Verhandlungen mit den Palästinensern starten können. Im Raum stand die Drohung Bennetts, die Koalition mit dem Likud zu sprengen. Aber selbst rechten Wählern wäre eine automatische Ablehnung aller Pläne Trumps schwer zu erklären.

Auch die Linke beobachtet den Gast zwiespältig. Dem neuen Botschafter David Friedmann, ein enger Vertrauter Trumps und Freund des Siedlungsbaus, empfahl die Abgeordnete Sahava Galon noch im April: "Ziehen Sie doch am besten gleich zu ihren Siedler-Freunden." Jetzt hofft sie: "Seine persönliche Meinung ist irrelevant. Er wird Trumps Anweisungen folgen müssen." Und der frustriert bislang linke Israelis weniger als rechte.

Zipi Livni, die Israel mehrfach bei Verhandlungen vertrat, sprach als Oppositionsabgeordnete bereits mehrfach mit Trumps Nahost-Berater Jason Greenblatt: "Der redet nicht um den heißen Brei. Da zeichnen sich dramatische Entwicklungen ab."

Palästinenserpräsident Machmud Abbas traf Trump bereits in Washington. Die Gewissheit in Ramallah, mit Trump sitze ein Palästinenser-Fresser im Weißen Haus, schlägt in hoffnungsvollere Erwartung um. Jibril Rajoub, ein Fatah-Funktionär mit Hoffnungen auf Abbas’ Nachfolge, hält sogar eine Verlegung der US-Botschaft für möglich: "Wenn er gleichzeitig eine für die Palästinenser in Ost-Jerusalem eröffnet, wäre das nur zu begrüßen."

Trumps Vorschläge sind nicht ultimativ, er belässt beiden Seiten Spielraum. Auch so hat Israel verstanden, dass der Bau neuer Siedlungen ein Affront gegen Trump wäre. Den will auch die Regierung in Ramallah vermeiden. Erste Schritte auf beiden Seiten zu einer Klimaverbesserung.

Erwartungen verlagern sich. Fronten lockern sich auf. Trump wirft seinen Schatten in Nahost voraus. Doch auch hier fragen sich alle, wie kurz sein Schatten in Washington fallen kann.