Politik/Ausland

Irans militärische Machtspiele

Gezielte Provokation, langfristige strategische Planung oder raffinierter Bluff am Verhandlungstisch mit dem Westen? Selbst westliche Militärexperten rätseln über die militärischen Machtdemonstrationen, mit denen der Iran seit Monaten für Aufsehen sorgt. Denn während sich das Regime in Teheran im Atomstreit kompromissbereit zeigt und die neue Regierung von Präsident Rohani demonstrativ auf Versöhnungskurs mit dem Westen einschwenkt, überrascht die Armee mit ständig neuen Erfolgsmeldungen über neue Waffengattungen.

So berichtete die staatliche Nachrichtenagentur am Dienstag über den erfolgreichen Test einer neuen Generation von Langstreckenraketen. Waren die bisherigen Modelle der iranischen Armee vom Typ Shabab nur Weiterentwicklungen eines ursprünglich sowjetischen Raketensystems, so sollen die neuen Bina-Raketen (Persisch für "Tiefe Einsicht") eine gänzliche Eigenentwicklung iranischer Wissenschaftler sein. Während die Reichweite trotz vorerst fehlender präziser Angaben etwa im Bereich der Vorgängergeneration liegen dürfte – also etwa 2000 km – sollen die Bina-Modelle weit präziser und vor allem schwerer abzuwehren sein. Man sei jetzt in der Lage, Brücken, feindliche Kommandozentralen oder sogar Panzer zu treffen, brüstete sich ein iranischer Militär, außerdem habe einer der neuentwickelten Flugkörper die Fähigkeit, feindlichen Radarsystemen zu entgehen.

Auf Kurs USA

Doch der Iran rüstet auch andere Waffensysteme konsequent auf, etwa die Marine. Neue Schnellboote wurden etwa angeschafft, auch um die Patrouillen im heikelsten Einsatzgebiet der iranischen Marine zu verstärken, dem persischen Golf. Wenig strategische, dafür aber umso mehr propagandistische Bedeutung hat dagegen der jüngste Einsatz iranischer Kriegsschiffe. Nach einer Umrundung Afrikas will die Flotte über den Atlantik steuern, bis scharf an die Grenze der US-Hoheitsgewässer. "Eine Antwort auf die verstärkte Anwesenheit von US-Schiffen im Golf", ließ die iranische Admiralität keinen Zweifel am Zweck dieser etwas ungewöhnlichen Patrouillenfahrt.

Inseltausch

Auch wenn sich Teheran mit solchen militärischen Showeinlagen gerne zum Gegenspieler der Supermacht USA stilisiert, insgeheim versucht man lieber, die strategische Position als Regionalmacht auch militärisch zu festigen. Laut den Berichten mehrerer militärischer Fachzeitungen verhandelt man derzeit mit dem Golfstaat Oman über eine Art Gebietstausch. Das Sultanat könnte mehrere winzige Inseln in der strategisch so wichtigen Straße von Hormus erhalten, die bis jetzt zum Iran gehören. Außerdem verspricht Teheran eine Pipeline über den Golf in den Oman zu legen.

Weit brisanter aber ist das mutmaßliche Gegenangebot. Oman soll Teheran im Austausch für die kleinen Inseln eine Basis auf seinem Gebiet angeboten haben: Ein Stück Wüste an einem felsigen Küstenabschnitt, vom omanischen Hauptgebiet durch andere Emirate getrennt – und dennoch von enormer strategischer Bedeutung. Denn der Iran hätte so die Möglichkeit, eine Basis auf der anderen Seite der Straße von Hormus zu errichten. So wäre man künftig auf beiden Seiten der wichtigen Wasserstraße militärisch präsent – und zwar an deren engster Stelle.