Politik/Ausland

Iran: Zwischen Todfeind und Türöffner

Plötzlich Bewegung an der diplomatischen Front. Über Monate war man bei der Suche nach einer Verhandlungslösung für Syrien nicht von der Stelle gekommen. Jetzt, eine Woche vor der geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz, macht sich hektische Aktivität bemerkbar. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf einen wichtigen Spieler in Nahost: Iran.

Bisher waren die Mullahs in Teheran im Syrien-Konflikt als militärischer Verbündeter des Assad-Regimes und als Hindernis für jede diplomatische Annäherung aufgetreten. Jetzt aber könnten sie zum Türöffner für ernsthafte Verhandlungen werden.

Möglich wird das auch durch den jüngsten Erfolg bei den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm. Bis zuletzt heftig umstritten, ist das sogenannte Übergangs-Abkommen am Wochenende abgesegnet worden. Der Iran legt jene Teile seines Atomprogramms, die ihn dem Bau einer Atombombe näherbringen könnten, auf Eis. Im Gegenzug wird ein Teil der internationalen Wirtschaftssanktionen gegen das Land gelockert. So werden Milliarden an iranischen Öleinnahmen, die auf Konten im Ausland eingefroren waren, freigegeben, Import von wichtigen Industriegütern und Medikamenten wird erleichtert.

Angst vor Terror

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Der Iran, der seit dem Antritt des neuen Präsidenten Rohani im Vorjahr auf Versöhnungskurs mit dem Westen steuert, wird jetzt auch als Vermittler im Syrien-Konflikt interessant. Schon in den kommenden Tagen reist Außenminister Zarif zum Verbündeten nach Damaskus.

Die Frage, wie Assad in eine mögliche Friedenslösung für Syrien eingebunden werden kann, ist entscheidend wie nie zuvor in drei Jahren Bürgerkrieg. Die wachsende Bedrohung in Syrien, aber auch im benachbarten Irak durch islamistische Milizen mit engen Verbindungen zur Terrorgruppe El Kaida machen auch den USA zu schaffen. Die Angst vor einer neuen Hochburg des Terrors in der Krisenzone macht die bisher geplante kompromisslose Entfernung des Assad-Regimes zu einem Risikospiel.

Russland, ebenfalls Verbündeter Assads, drängt nun darauf, den Iran zurück ins Spiel zu bringen. Bei einem Treffen in Paris am Wochenende versuchte Außenminister Sergej Lawrow seinen US-Kollegen John Kerry davon zu überzeugen, dass Teheran an den Syrien-Friedensverhandlungen nächste Woche teilnehmen müsse.

US-Sanktionen drohen

Kerry zeigte sich vorerst skeptisch. Die USA sind immer noch darum bemüht, die syrische Opposition an den Verhandlungstisch zu bringen. Die allerdings ist führungslos, zerstritten und unwillig, an einer Friedenskonferenz teilzunehmen, die nicht als oberstes Ziel den sofortigen Sturz Assads hat.

Washington will daher vorerst Distanz zum Iran wahren. Im Kongress wächst die Zustimmung für ein neues Paket von Sanktionen gegen das Land. Die allerdings treten erst in Kraft, wenn sich Teheran nicht an das Atom-Abkommen hält. Der Druck auf das Mullah-Regime, dem viele weiter misstrauen, soll so aufrechterhalten werden. Präsident Obama aber will sich den Versöhnungskurs mit Teheran nicht blockieren lassen. Er hat klargemacht, gegen Sanktionen sein Veto einzulegen. Diese, warnt der Präsident, „werden unsere ganzen Bemühungen zunichtemachen.“

Teheran lässt keinen Zweifel daran, dass neue Härte aus Washington alle diplomatischen Fortschritte umkehren könnten. „Dann ist das ganze Abkommen am Ende“, droht Außenminister Zarif und meint damit auch sich und die gesamte neue Regierung in Teheran. Sollte die auf ihrem außenpolitischen Versöhnungskurs nicht rasch Erfolge einfahren, hätten bald wieder die Hardliner und Gegner des Westens das Sagen.

Atomprogramm zurückfahren Der Iran verpflichtet sich, die umstrittensten Teile seines Atomprogramms zumindest vorübergehend zu stoppen. Die Anreicherung von Uran auf Atombomben-taugliche Konzentrationen wird gestoppt, vorhandene Bestände werden verdünnt oder deaktiviert. Ein Reaktor, der bombenfähiges Plutonium produziert, wird nicht in Betrieb genommen.

Geldmittel freigebenIm Gegenzug werden Milliarden iranischer Ölgelder, die auf westlichen Banken eingefroren waren, schrittweise freigegeben. Die Sanktionen gegen iranische Banken werden zum Teil aufgehoben, Einfuhr von Nahrungsmitteln, Medikamenten oder Ersatzteilen für Flugzeuge ist damit wieder möglich. Sanktionen gegen die Ölindustrie werden aufgehoben, Öltanker können wieder versichert werden.