In Russland werden die Kosten des Syrien-Krieges zum Thema
Von Elke Windisch
Mindestens 58 Milliarden Rubel, aktuell 828 Millionen Euro, habe Moskau der Krieg in Syrien bisher gekostet. So jedenfalls errechnete es die kritische russische Wirtschaftszeitung rbk. Deren Journalisten haben alle öffentlich zugänglichen Quellen ausgewertet, um annähernd errechnen zu können, was das erste Kriegsjahr den russischen Steuerzahlern kostete.
Sold und Verpflegungspauschale sind marginal. Pro Tag und Nase 2.000 Rubel (28,57 €). Offiziell hat Moskau 1.600 Soldaten vor Ort. Die Zentrale Wahlkommission teilte jedoch mit, dass bei den Dumawahlen Mitte September allein auf der Basis Chmeimim 4.378 Stimmen abgegeben wurden. Experten gehen davon aus, dass es nie weniger als 3.000 waren. Addiert man Sold und Verpflegung, macht das 2,1 Mrd. Rubel (30 Mio. €). Dazu kommen Leistungen für Hinterbliebene der bisher offiziell 20 Gefallenen und Materialverluste: ein Jagdbomber und drei Kampfhubschrauber. Das macht zusammen knapp 48 Mio. Euro.
Das sei längst nicht alles, so Militärexperten wie Anton Lawrow vom Zentrum für strategische Analysen. Ausgaben für Verlegung von Technik, den Aufbau militärischer Infrastruktur und die bislang 250 Einsätze von Langstreckenbombern, die aus Südrussland oder dem Iran starteten, seien in die rbk-Rechnung nicht eingeflossen. All das und die Starts von Raketen aus der Kaspi-See, die ebenso nicht mit veranschlagt wurden, seien aber extrem teuer.
Auch die Kosten für vier bei Palmyra verlorene Hubschrauber – das Verteidigungsministerium leugnet– und den Einsatz von zeitweilig mehr als 2.500 Söldnern, was Moskau ebenfalls bestreitet, seien nicht erfasst. Letztere sollen vom russischen Staat bis zu zehn Mrd. Rubel – 143 Mio. Euro – kassiert haben.
Zwar käme der russische Steuerzahler besser weg als der amerikanische. Was Moskau derzeit in Syrien verschieße, komme aber dem, was die UdSSR im ersten Kriegsjahr in Afghanistan verballerte, ziemlich nahe. Allerdings nur, wenn man die Ausgaben auf die Personalstärke umrechnet. In Syrien stehe derzeit jedoch nur ein Bruchteil jenes Kontingents, mit dem Moskau 1979 in Afghanistan einrückte. Doch das Preis-Leistungsverhältnis stimme heute so wenig wie damals.
Bescheidene Bilanz
In der Tat: Die letzte Bilanz des bisher Erreichten, die Verteidigungsminister Sergei Schoygu im Sommer lieferte, fällt bescheiden aus. Demzufolge haben syrische Regierungstruppen mit russischer Luftunterstützung den Norden der Provinz Latakia sowie die Städte Homs und Palmyra erneut unter Kontrolle gebracht. Der "Islamische Staat" (IS), so Schoygu weiter, habe 12 Prozent der von ihm kontrollierten Gebiete verloren. Der Trend halte an. Zusammen mit der libanesischen Hisbollah und den iranischen Revolutionswächtern sei auch die Opposition im Osten von Aleppo eingekesselt.