Politik/Ausland

„In Europa ist das Gras grüner“

„Ich habe einen Migranten aus Mali einmal gefragt, warum er sein Leben aufs Spiel setzt, um nach Europa zu gelangen. Seine Antwort: Hier bin ich fast tot, sterbe langsam, weil ich keinen Job habe. Vielleicht schaffe ich es ja“, erzählt im KURIER-Gespräch Ely Keita, Direktor der Hilfsorganisation CARE in Niger. Jenem Staat, der das Transitland schlechthin ist in Afrika.

Die Menschen kämen hauptsächlich aus dem Westen des Kontinents, zuletzt aber sogar aus dem Südsudan. Um durch die Sahara nach Libyen und dann weiter ans Mittelmeer zu gelangen, müssten die Migranten 1000 US-Dollar bezahlen. „In der Wüste halten dann aber viele Trecks an, und die Schlepper verlangen weiteres Geld. Ansonsten würden sie sie einfach aussetzen, was den sicheren Tod bedeutet“, so Keita bei seinem Wien-Besuch. Die meisten schrecke das aber auch nicht ab, „weil für sie ist in Europa das Gras grüner“.

Manche schaffen es, andere nicht, andere landen im Transitlager in Niger, wo sie auf ihre Rückführung in die Heimat warten. Prinzipiell hält der gebürtige Malier wenig von solchen Lagern. Das würde bloß bei den Symptomen ansetzen, nicht bei den Ursachen. „Migration gibt es, weil die Menschen keine Perspektive sehen. Solange diese nicht sichtbar ist, werden sie sich auf den Weg machen.“

Da würden auch die riesigen Schautafeln nichts helfen, die in der Hauptstadt Niamey aufgestellt sind – vor allem bei den großen Busstationen. Darauf wird gewarnt, dass Schlepperei ein Verbrechen ist. „Doch vielen ist das egal, im Fernsehen treten sie verhüllt auf und sagen, dass sie ihren Unterhalt anders nicht bewerkstelligen könnten“, schildert der Mann, der für CARE Menschen unterstützt, die vor dem Islamisten-Terror der Boko Haram in Nigeria oder El Kaida in Mali geflüchtet sind oder von Islamisten in Niger selbst vertrieben wurden.

Um die Migration einzudämmen, müsse man die afrikanischen Regierungen in die Verantwortung nehmen: „Hören Missmanagement und Korruption nicht auf, wird sich da nie etwas ändern.“ Einen immer wieder geforderten Marshall-Plan, um afrikanischen Ländern wirtschaftlich auf die Sprünge zu helfen, hält Keita für sinnvoll, „allerdings müssen die Gelder an strenge Kontrollen gebunden werden, um Korruption zu verhindern. Gute Regierungsführung ist sowieso Grundvoraussetzung.“