Politik/Ausland

Im Rückwärtsgang vorwärts kommen

Die mit Spannung erwartete Rede auf dem Parteitag der Republikaner war die beste, die Donald Trump bisher gehalten hat.

In diesem Urteil waren sich Freund und Feind am Tag danach einig. Allerdings war das keine Kunst, die Latte lag tief. Denn Donald Trumps bisherige Reden waren alles andere als "präsidenziell".

Als Trump am Donnerstag am Abend in der Convention-Arena in Cleveland formell seine Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten "demütig und dankbar" annahm, bemühte er sich um einen besseren Stil. Hillary Clinton nannte er nicht mehr "crooked Hillary" (krumme Hillary), sondern "my opponent" (meine Gegenspielerin).

Inhaltlich zeichnete Trump ein düsteres Bild von einem von Terror, Kriminalität und Billiglohnländern bedrohten Amerika, ohne einen realistischen Ausweg unter seiner Führung aufzuzeigen.

Teure Versprechen

Trump versprach, die teilweise auf Dritte-Welt-Niveau befindliche Infrastruktur in den USA wieder aufzubauen. Er will das Militär aufrüsten und zwar stärker als es je war. Er will die Steuern massiv senken – und bei all dem Programm ein ausgeglichenes Budget erreichen und der Rekordverschuldung der USA ein Ende setzen.

Sein Rezept dafür erinnert an den Brexit: Aussteigen aus internationalen Verträgen und Rückkehr zu einer nationalistisch-protektionistischen Wirtschaftspolitik. "Nicht Globalisierung, sondern America first", formulierte Trump sein "Credo".

Möglicherweise kann ein Retourgang bei der Globalisierung in einem 300-Millionen-Markt eher gelingen als im vergleichsweise kleinen Großbritannien. Aber klar ist auch, dass Trump damit den politischen Leitlinien der Republikaner widerspricht.

Nafta-Kündigung

In den auf der Convention beschlossenen Leitlinien ist von einer Kündigung der Nafta-Verträge mit Mexico und Kanada, die Trump "neu verhandeln" will, keine Rede. In den Leitlinien steht lediglich die Formel, dass "auf amerikanische Arbeitsplätze Bedacht zu nehmen ist".

Ob damit auch "Sanktionen" für nach China, Südkorea oder Mexiko abwandernde Unternehmen gemeint sind, wie sie Trump ankündigte, wird wohl noch für Diskussionen sorgen. Ein Kommentator auf dem Republikaner-freundlichen Sender Fox News sagte jedenfalls: "Trump hielt eine nationalistische Rede, keine konservative. Das ist ein Novum auf einer Convention der Republikaner."

Sanders kontert

Bernie Sanders, Globalisierungskritiker auf Seiten der Demokraten, stellt die Glaubwürdigkeit des Milliardärs in Frage: "Welche Scheinheiligkeit! Wenn Trump den Handel reparieren will, dann soll er damit anfangen, seine eigenen Produkte in den USA statt in Billig-Lohnländern in Übersee zu produzieren", twitterte Sanders.

Einen Retourgang will Trump auch bei der Bekämpfung des Klimawandels einlegen. Er will den Kohlebergbau forcieren, von Regulativen entlasten und so Arbeitsplätze in den USA erhalten. Trump sagte in seiner Rede, er hoffe, dass Sanders-Unterstützer zu ihm wechseln. Sanders weist das zurück: "Unsere Bewegung versteht, dass wir von der fossilen Energie weg müssen anstatt sie auszuweiten." Im übrigen seien die Sanders-Unterstützer gegen "Steuergeschenke an Reiche". Trump halte den Klimawandel für einen "Schwindel", feixte Sanders.

Trump trifft Nerv

In der medialen Debatte nach der Trump-Rede auf dem Parteitag spielten dessen wirtschaftspolitische Ansagen kaum eine Rolle, die Medien verbissen sich lieber in Details, ob Trump tatsächlich die richtigen Kriminalitätsstatistiken zitiert habe. Tatsache ist jedoch, dass die Mordraten in manchen Städten massiv ansteigen, und dass die Kriminalität ein ständiger Begleiter im Alltagsleben der Amerikaner zu sein scheint. Jeder hier kennt die Mordstatistik der "Neighbourhood", in der er lebt und nimmt darauf bedacht, bestimmte Gegenden zu meiden. Mit dem Thema Sicherheit trifft Trump einen Nerv.

Trump verspricht, dass mit seinem Amtsantritt wieder "Recht und Ordnung einkehren werden". Wie er das machen will, sagt er allerdings nicht genau. Er nennt zwei Maßnahmen, die wenig zielführend klingen: den Mauerbau zu Mexiko und die bedingungslose Unterstützung der NRA, der National Rifle Association, und das Recht der Amerikaner, Waffen zu besitzen.

Convention-Resümee

Gemessen an den Zerwürfnissen bei den Republikanern war Trumps Rede ein gelungener Abschluss des viertägigen Parteitags. Klar ist jedoch, dass die Grand Old Party von einem egozentrischen, nationalistischen Populisten gekapert wurde und sich Teile der Partei auch so fühlen. Dass der Gouverneur von Ohio, John Kasich, die Convention boykottierte, kann Trump noch Ärger bereiten. Ohio stellt 18 Wahlmänner, der Weg ins Weiße Haus führt über Ohio. Schon jetzt bringen sich Trumps Gegner in Stellung, sollte er den Einzug ins Weiße Haus verfehlen. Gewinnt Trump jedoch die Präsidentenwahl, wird das wohl nicht nur die Grand Old Party verändern.