IAEO: "Atomkraft ist Teil der Lösung für die Klimawende"
Ohne Atomkraft sei ein Erreichen der globalen Klimaziele nach Überzeugung des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEO), Rafael Grossi, praktisch ausgeschlossen.
„Die wissenschaftliche Tatsache ist, dass Atomkraftwerke einen extrem geringen Kohlendioxid-Ausstoß verursachen“, sagte Grossi der Deutschen Presse-Agentur. Es sei eine empirische Tatsache, dass ein Drittel der sauberen Energie aus nuklearen Quellen stamme.
Unter Berufung auf das Zwischenstaatliche Gremium für Klimawandel (IPCC) und die Internationale Energieagentur sagte Grossi: „Jeder Weg zur Erreichung der im Pariser Abkommen festgelegten 2-Grad-Schwelle ist ohne Atomkraft nahezu unmöglich, wenn nicht unmöglich“, sagte der argentinische Diplomat.
„Atomkraft ist Teil der Lösung“, sagte er und fügte hinzu, dass Kernreaktoren eine stabile Stromversorgung böten, die weniger konstanten erneuerbaren Strom aus Wind, Wasser oder Sonne unterstützen könne.
Die unabhängigen Wissenschaftler des IPCC haben allerdings festgestellt, dass größere Anstrengungen nötig seien, um die nukleare Sicherheit, die Entsorgung nuklearer Abfälle und andere Risiken anzugehen, wenn die Atomenergie expandieren soll.
Wohin mit dem Atommüll?
Finnland ist bisher das einzige Land, das ein permanentes Atomendlager errichtet. Auch Schweden habe einen Standort kürzlich genehmigt. „Wir haben ein Problem verschoben, bis es unmöglich ist, es nicht anzugehen“, sagte Grossi über den Mangel an langfristigen Lösungen für radioaktive Abfälle
Nur wenige Länder haben sich für einen Ausstieg aus der Atomkraft entschieden. Der deutsche Atomausstieg sei in Konsequenz und Tempo weltweit praktisch einzigartig, sagte Grossi. Andere strebten eine Reduzierung der Atomkraft an, aber keinen Ausstieg.
Trend zum Ausbau der Atomkraft
Ansonsten aber gebe es einen Trend zum Atomausbau - sei es in China, Russland, Indien, Südafrika, Türkei, Bangladesch, Vietnam, den Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Argentinien oder Brasilien, so der Chef der IAEA, die für den sicheren Betrieb zivil genutzter Atomkraftwerke wirbt.Außerdem gebe es einen Trend zur Verlängerung der Lebensdauer alternder Reaktoren. „Es ist, wie wenn sie einen BMW von 1980 haben und dann den Motorblock wechseln, einige Teile wechseln, die Pumpen wechseln“, sagte er. Viele Teile der in Deutschland demnächst nutzlosen Reaktoren könnten problemlos noch 20 Jahre oder sogar länger in Betrieb sein.
In Österreich wird dies freilich ganz anders gesehen, die Mehrheit der Bevölkerung ist strikt gegen den Einsatz von Atomenergie - auch wenn Atomstrom importiert wird. Im November 1978 entschieden die Österreicher mit knapper Mehrheit, das fix und fertig gebaute, mit allen behördlichen Genehmigungen versehene AKW in Zwentendorf nicht in Betrieb zu nehmen.
Seither ist das Thema Atomkraft in Österreich tabu. Auch bei den Verhandlungen im Bereich des Klimawandels setzt sich Österreich dafür ein, dass Atomkraft nicht als "klimaneutrale" Energieform angerechnet wird.
Neben Fragen der Kernenergie ist die IAEA maßgeblich an der Überwachung des Nuklearprogramms im Iran beteiligt. Die Inspekteure der IAEA konnten kürzlich zwei Standorte besuchen, an denen in der Vergangenheit möglicherweise verdeckte Nuklearaktivitäten stattgefunden haben, nachdem die Zusammenarbeit mit Teheran monatelang ins Stocken geraten war.
Es seien jedoch nicht alle Probleme behoben. Die IAEA suche immer noch nach Antworten auf Uranpartikel, die an einem anderen Ort im Iran nachgewiesen wurden. „Je früher wir alle Aspekte klären, die von der IAEO überprüft werden, desto besser wird es für alle sein - angefangen beim Iran“, sagte Grossi.
Die IAEA überwacht den 2015 abgeschlossenen und von der US-Regierung unter Donald Trump bekämpften Atom-Deal mit dem Iran, der Teheran am Bau einer Atombombe hindern soll.
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