"Humanitäre Katastrophe" in Syrien: 700.000 auf der Flucht
Die Offensive syrischer Regierungstruppen auf die letzte große Rebellenhochburg um die Stadt Idlib treibt immer mehr verzweifelte Menschen in die Flucht. Seit Anfang Dezember flohen mehr als 700.000 Menschen vor Bombardierungen, Kämpfen und den heranrückenden Regierungstruppen, wie der Sprecher des UN-Nothilfebüros Ocha für Syrien, David Swanson, am Donnerstag erklärte.
Die ohnehin schon schlimme humanitäre Lage verschlechtere sich dadurch weiter. "Viele fliehen in offenen Lastwagen oder zu Fuß, oft nachts, um nicht entdeckt zu werden", sagte Swanson. "All das, während die Nachttemperaturen unter null Grad fallen."
Die Hilfsorganisation Save the Children warnte, die Lage der Flüchtlinge in der Region verschlechtere sich in einem "alarmierenden Tempo". Mindestens 290.000 Kinder seien durch die Gewalt vertrieben worden. In Idlib spiele sich eine "humanitäre Katastrophe" ab.
Die Truppen von Syriens Machthaber Bashar al-Assad hatten im vergangenen Jahr eine Offensive auf die Rebellenhochburg im Nordwesten Syriens begonnen. Trotz einer Waffenruhe setzten sie die Angriffe zusammen mit der verbündeten russischen Luftwaffe auch in den vergangenen Wochen fort. In dieser Woche konnten die Anhänger der Regierung eine wichtige Versorgungsachse Richtung Norden einnehmen.
Swanson zufolge sind in den umkämpften Gebieten ganze Orte menschenleer, weil die Einwohner geflohen sind. In der Region um Idlib leben nach UN-Schätzungen rund drei Millionen Zivilisten, mehr als die Hälfte davon Vertriebene. Viele von ihnen sind schon mindestens einmal vor den Regierungstruppen geflohen, weil sie Verfolgung und andere Repressionen befürchten.
Hilfsorganisationen klagen, es fehle an Nahrung, Unterkünften und medizinischer Versorgung. Bei syrischen und russischen Luftangriffen waren mehrfach auch Krankenhäuser getroffen worden. Die benachbarte Türkei hat ihre Grenze für syrische Flüchtlinge geschlossen.