Politik/Ausland

Hugo Portisch: „Diktatur mit einer Parole: China zuerst“

Herr Dr. Portisch, die Seidenstraße war über Jahrhunderte der wichtigste Handelsweg zwischen Europa und Asien. China will unter dem Titel „Eine Straße, ein Gürtel“ zwei Seidenstraßen entwickeln, eine am Landweg und eine zur See. Kann das eine Einbahnstraße zugunsten von China werden?

Wir haben es mit einem neuen China zu tun. Xi Jinping ist Staatschef und ein Diktator auf Lebenszeit. China soll nicht mehr die verlängerte Werkbank für die halbe Welt sein, er will, dass China alles selbst erzeugt. Dazu kommt, dass die Chinesen in der ganzen Welt Hi-Tech-Firmen aufkaufen, die an neuen Produkten arbeiten.

Deutschland lässt den Aufkauf von Hi-Tech-Firmen aber nicht mehr unbeschränkt zu.

Die Chinesen haben aus Amerika finanziell herausgeholt, was gegangen ist. Mit diesem Geld können sie alles aufkaufen.

Hat Trump also recht, wenn er die Chinesen stoppen will?

Trump will alle Waren aus China mit Zöllen belegen. Das ist der Versuch, die amerikanischen Unternehmen dazu zu bringen, weniger in China zu produzieren.

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Aber wird die Seidenstraße Richtung Europa eine Einbahn?

Es geht den Chinesen auch um Rohstoffe aus Afrika, die über die maritime Seidenstraße nach China kommen sollen. Und zu Land geht die Seidenstraße sehr gezielt über viele Länder, Vietnam, Malaysien, Indien, Pakistan, dann wiederrum nach Sibirien und Moskau. Und über den Süden über den Bosporus auf den Balkan. Die Chinesen kaufen Häfen, bauen Straßen und Eisenbahnen, stecken eine Billion Dollar hinein. Aber das ist kein Geschenk so wie der Marshall-Plan, sondern viele Staaten verschulden sich an die Chinesen. Und sie müssen mit dem Geld chinesische Produkte kaufen und auch deren Arbeiter bezahlen.

Und wenn ein Staat diese Schulden nicht zurückzahlen kann? Dann geht diese Infrastruktur in chinesisches Eigentum über?

Ja, so ist es.

Auch europäische Länder haben schon von chinesischen Institutionen profitiert, kann das die Spaltung der EU befördern?

Es kann dazu beitragen. Es wird eine Bahntrasse von Belgrad nach Budapest geplant, die soll nach Wien weitergehen und von dort nach Duisburg, zum größten Binnenhafen Europas. Der erste Zug, der in Wien eingetroffen ist, hat Elektronik gebracht, aber auch 60 Schlafsäcke. Die hat man gebraucht, um die mitreisenden Chinesen unterzubringen, ohne ein Hotel zu buchen.

Müssen wir auch aufrüsten? Müssen wir uns besser wehren? Was sollen wir tun?

Wir müssen technologisch vorne bleiben. Nach wie vor haben wir in Amerika und Europa die besseren Ideen, die besten Forscher, die besseren Mannschaften.

Was werden die Zuseher bei Ihrer Dokumentation in ORF III über die Seidenstraße Neues lernen?

Zuallererst mal damit vertraut werden, dass es ein neues China gibt. Ein China, das wir bisher nicht gewohnt waren. Dass es nicht irgendein Parteichef ist, sondern ein Diktator. Einer, der sich was einfallen hat lassen und der China vor allem eine Parole gegeben hat: China zuerst! Die Chinesen haben über Jahrzehnte hin Milliarden Dollar gespeichert, die sie jetzt ausgeben können. Und das machen sie so klug , dass das Geld im Großen und Ganzen wieder zurückrollt.

Mit dem China, das Sie 1964 in Ihrem Buch „So sah ich China“ beschrieben haben, hat dieses China nichts mehr zu tun.

Nein, es ist ein neues China, nur manche Methoden sind gleich geblieben. Als ich in China war, ist der Überwacher, der mir als Dolmetscher zugeteilt war und natürlich ein Agent war, nicht von meiner Seite gewichen. Selbst aufs Häusl ist er mitgegangen. Er hat mich keine Sekunde aus den Augen verloren, was höchst unangenehm war, diese Dauerbewachung. Daran hat sich nichts geändert. Es wird alles überwacht.

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Mit neuen Methoden, über das Handy.

Ja, und vor allem mit Kameras. Sie haben als einziges Land schon die Gesichtserkennung überall eingeführt. Da sind Millionen Gesichter fotografiert und gespeichert und können Menschen wiedererkennen, überall, wo sie auftauchen. Das sind die modernsten Mittel der Überwachung.

In absehbarer Zeit wird die Welt von China dominiert werden.

Es wird ein Wettkampf werden, hat Xi Jinping gesagt. Chinas Traum ist es, wiederum die Mitte der Welt zu werden, der Mittelpunkt der Erde, um den sich alles dreht, und auf den alle achten müssen. Die beiden Seidenstraßen werden die chinesischen Exporte fördern. Die Endpunkte der beiden Seitenstraßen, sowohl der territorialen als auch der maritimen, die sind beide in Europa, in Deutschland. Beide Seitenstraßen zielen auf die Mitte Europas und zwar auf das tüchtigste und produktivste Land in Europa, auf Deutschland.

TIPP: „Hugo-Portisch – Die Welt und wir: China“, Samstag, 20.15 Uhr, ORF III (Wiederholung Sonntag 22.35 Uhr).