Britischer EU-Kommissar bekommt kein grünes Licht
Jean-Claude Juncker wird die Hearings seiner Kommissare in spe am Mittwoch wohl besonders aufmerksam verfolgt haben. Gleich drei, die schon im Vorfeld als Wackelkandidaten galten, stellten sich am Mittwoch ihrer jeweils dreistündigen Befragung im EU-Parlament: Jonathan Hill (UK/Finanzen), Tibor Navracsics (Ungarn/Kultur und Bildung) und Miguel Arias Cañete (Spanien/Energie und Klimaschutz).
Lord Hill setzte auf eine Charme-Offensive, um die Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses davon zu überzeugen, dass auch ein als euroskeptisch geltender Brite für den wichtigen Posten des Finanz-Kommissars geeignet sein kann: Hill begrüßte auf Französisch, lobte die Erfolge der EU als Friedensprojekt – und sprach sich für den Verbleib der Briten in der Union aus. Seine viertelstündige Eröffnungsrede war eindeutig mit Brüsseler und nicht mit Londoner Feder geschrieben: Dass die Bankenunion, an der sich Großbritannien nicht beteiligt, gut funktioniere, sei "wichtig für uns alle". Er komme "nicht als Vertreter des Finanzplatzes London" nach Brüssel, versprach Hill. Und noch so ein Satz, mit dem sich in Brüssel punkten lässt: "Wir dürfen nicht mehr dahin zurückgehen, dass die Steuerzahler die Banken retten müssen."
Konkrete Ansagen blieb Hill schuldig – stattdessen offenbarte er Lücken: Zu Eurobonds habe er "keinen besonders gut informierten Standpunkt"; zur Finanztransaktionssteuer wolle er nicht viel sagen; zur Geldwäscherichtlinie könne er "keine konkreten Punkte bieten".
Den Abgeordneten reichte das noch nicht: Der Wirtschaftsausschuss gab nach einer Beratung Mittwochabend noch keine Empfehlung ab – und forderte stattdessen ein zweites Treffen mit Hill nächste Woche.
Aufklärung gefordert
Auch Cañete steht weiter in der Kritik. Er entschuldigte sich bei seiner Anhörung zwar für sexistische Aussagen im Wahlkampf ("unglückliche Bemerkungen") und beteuerte seine Überzeugung, dass "die Gleichheit von Frau und Mann ein Grundpfeiler für ein gerechteres Europa" sei. Doch Vorwürfe, er sei eng mit der Öl-Industrie verflochten, konnte Cañete nicht vollends entkräften. Die Sozialdemokraten kritisierten, dass Cañete die Erklärung seiner finanziellen Interessen in den drei Tagen vor dem Hearing drei Mal geändert habe. Die Grünen forderten Aufklärung, inwieweit Cañetes Familie – vor allem sein Schwager – in Ölfirmen involviert ist, an denen auch Cañete selbst bis vor kurzem beteiligt war. Ob er dennoch vom Parlament "grünes Licht" bekommt, soll am Donnerstag, feststehen.
Am besten vom Trio der Wackelkandidaten dürfte noch Tibor Navracsics sein Hearing überstanden haben: Gegenüber dem Vertrauten von Premier Viktor Orban herrscht zwar weiterhin Skepsis. Eine Ablehnung schien Mittwochabend jedoch unwahrscheinlich. Auch deshalb, hieß es in Parlamentskreisen, weil man sich von Orbans Partei keinen besseren Kandidaten erhoffe.
Auch gegen die designierte tschechische EU-Justizkommissarin Vera Jourova gibt es offenbar Bedenken. Eine Entscheidung des zuständigen EU-Parlamentsausschusses sei auf Montag vertagt worden, hieß es in Parlamentskreisen.