Handel mit EU: Johnsons Australien-Idee würde Zölle bedeuten
Großbritannien hat die Europäische Union in der Nacht auf Samstag nach 47 Jahren verlassen. Praktisch hat sich aber noch fast nichts geändert - weil alle EU-Regeln im Vereinigten Königreich bis 31. Dezember 2020 weiter gelten.
Nun haben die EU und Großbritannien also knapp elf Monate Zeit, die wichtigsten Fragen zu Handel und internationalen Beziehungen in einem neuen Vertrag zu regeln. Sonst droht doch ein harter Bruch, der für Unternehmen auf beiden Seiten schmerzhaft wird.
EU: Keine Einfuhrquoten
Die EU hat Großbritannien am Montag deshalb unter Bedingungen ein weitreichendes Handelsabkommen angeboten. Die EU sei bereit, "ein sehr ehrgeiziges Handelsabkommen" als "zentralen Pfeiler" der künftigen Partnerschaft mit London zu schließen, sagte EU-Verhandlungsführer Michel Barnier am Montag in Brüssel.
Die EU strebe dabei "keine Zölle und Einfuhrquoten auf alle Waren" an, die aus Großbritannien in den Binnenmarkt kommen. Für solch ein Abkommen gebe es aber zwei Bedingungen, sagte Barnier. Einerseits müsse sich Großbritannien verpflichten, künftig in einen "offenen und fairen Wettbewerb" mit der EU zu treten und nicht darauf abzielen, EU-Standards zu unterlaufen. Hierfür müsse es "wirksame Garantien" geben, die dauerhaft Geltung hätten. Barnier nannte insbesondere die Bereiche Klimapolitik, Steuern und Staatsbeihilfen.
Zweite Bedingung sei, dass das "Handelsabkommen eine Vereinbarung zur Fischerei enthalten muss", sagte Barnier weiter. Hier müsse der gegenseitige Zugang zu Märkten und Fischereigründen nach Quoten vereinbart werden.
Das Verhandlungsmandat der EU-Kommission sollen die verbliebenen 27 EU-Staaten laut Barnier am 25. Februar genehmigen.
Johnson schlägt harten Ton an
Vor den Verhandlungen zeigte sich Premierminister Boris Johnson unnachgiebig. Für eine Vereinbarung werde sich Großbritannien nicht EU-Regeln unterwerfen, sagte Johnson am Montag in London.
Ein Freihandelsabkommen müsse schließlich nicht automatisch bedeuten, dass die Briten EU-Gesetze zur Wettbewerbspolitik, zu Subventionen, Sozialstandards, der Umwelt oder ähnlichen Fragen akzeptierten. "Jedenfalls nicht weniger, als dass die EU verpflichtet werden sollte, Regeln des Vereinigten Königreichs zu beachten", so der Premier.
Australien-Modell hätte gravierende Folgen
Johnson schließt in den Verhandlungen mit der EU über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit auch eine Vereinbarung nach dem Australien-Modell nicht aus. Aber: Die EU und Australien haben bisher überhaupt kein Handelsabkommen.
Letztlich würden beide Seiten dann Handel nach den Minimalstandards der Welthandelsorganisation (WTO) treiben. Das bedeutet Zölle und Einfuhrkontrollen.