Hahn: EU will 2016 mit Serbien verhandeln
Die EU-Kommission ist prominent bei der Westbalkan-Konferenz in Wien vertreten: Mit Vizepräsidenten Federica Mogherini und Maroš Šefčovič sowie Erweiterungskommissar Johannes Hahn, mit dem der KURIER vor dem Gipfeltreffen sprach.
KURIER: Herr Kommissar, eine Flüchtlingswelle überrollt den Balkan. Wie konkret hilft die EU Mazedonien und Serbien?
Johannes Hahn: Gerade haben wir 1,5 Millionen Euro für Serbien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien bereitgestellt. Diese Gelder gibt es zusätzlich zu den Hilfen, die im Sommer ausbezahlt wurden: 150.000 Euro für Serbien und 90.000 für Mazedonien, 2016 kann das Land mit zwölf Millionen für Flüchtlingsmaßnahmen rechnen. Serbien bekam 45 Millionen für das Grenz- und Asylmanagement. Die Umwidmung von EU-Fördergeldern wird geprüft. Der Vorwurf, die EU lasse die Westbalkanländer im Stich, stimmt absolut nicht. Die Tatsache, dass Migration auf der Agenda des Gipfels steht, zeigt, wie ernst wir das Problem nehmen.
Neben Flüchtlingen, was sind für Sie die anderen großen Probleme am Balkan?
Die friedliche Beilegung bilateraler Konflikte, die wirtschaftliche Entwicklung und die Transformation der Gesellschaften zu stabilen Demokratien – das sind die größten Herausforderungen. Nicht zu vergessen ist die Korruptionsbekämpfung. Die EU-Perspektive gilt als Antrieb für Reformen. Die Regierungen müssen diese auch entschieden angehen. Das Tempo des Fortschritts bestimmen die Länder also selbst.
Serbien wartet ungeduldig auf den Start der Beitrittsverhandlungen. Wann ist es so weit?
Ich hoffe sehr, dass wir Anfang 2016 so weit sein werden und der Rat grünes Licht gibt. Ich habe mich intensiv dafür eingesetzt. Serbien ist unter Premier Vučić zu einem Faktor der Stabilität in der gesamten Region geworden. Sein Beitrag zur Versöhnung, wie jüngst gegenüber Bosnien-Herzegowina sowie Albanien, ist anzuerkennen. Der jüngste Fortschritt im Dialog mit dem Kosovo sollte letzte Hürden auf dem Weg zur Eröffnung der Beitrittsverhandlungen beseitigen.
Bringt die Wiener Konferenz die Westbalkan-Länder der EU ein Stück näher?
Auf jeden Fall. Die regelmäßigen Treffen in diesem Format fördern die Entwicklung und die Umsetzung gemeinsamer Projekte, wie etwa die für die Wirtschaftsentwicklung wichtigen Verkehrs- und Energie-Infrastrukturvorhaben, die im Zentrum des Wiener Gipfels stehen. Das trägt auch zur Verbesserung der Zusammenarbeit in der gesamten Region bei. Ich sage immer, damit werden im wahrsten Sinne des Wortes Brücken gebaut.
Wie können Länder, die vor 25 Jahren noch Krieg führten und wo der Nationalismus tief verwurzelt ist, zueinanderfinden, Brücken bauen, wie Sie sagen?
Durch gemeinsame Projekte und die europäische Perspektive. Die Aussicht auf den EU-Beitritt trägt dazu bei, nach vorne zu blicken anstelle sich mit den Konflikten der Vergangenheit zu beschäftigen. Eben ist der EU ein Fortschritt im Dialog zwischen dem Kosovo und Serbien gelungen. Aber das ist ein Fortschritt in einem äußerst fragilen Umfeld. Wichtig für die Versöhnung sind Bildung und die Arbeit mit Jugendlichen. Auch das ist ein Thema bei diesem Gipfel.
Was bringt die Konferenz konkret? Was erwarten Sie?
Die Umsetzung unserer Investitionsprojekte im Verkehrs- und Energiebereich. Eine Milliarde Euro hat die EU von 2014 bis 2020 dafür vorgesehen. In diesem Jahr werden zehn prioritäre Projekte mit 200 Millionen kofinanziert, das Investitionsvolumen beläuft sich auf 600 Millionen Euro.