Griechen lieben Hahn
Auch das schlechteste Wetter kann ihm nichts anhaben: Bei heftigem Sturm und peitschendem Regen flog Johannes (Gio) Hahn von Athen nach Kreta. Kurzbesuch auf einer Insel, wo die EU das Überleben von Bauern sichert, ein kleines Unternehmen, das hochwertige Rohre herstellt, fördert und ein archäologisches Museum finanziert. Wenn der EU-Kommissar für Regionalpolitik kommt, freut sich der Insel-Gouverneur, die Bürgermeister kommen, die Gewerbetreibenden, jeder will mit Hahn reden. „Ich muss kontrollieren und motivieren“, sagt Hahn zum KURIER. Die Vergabe der EU-Gelder ist an strenge Kriterien geknüpft.
Kein europäischer Politiker reist in Zeiten der Krise so oft nach Griechenland wie Hahn. Im Monatstakt besucht er abgelegene Gegenden und erkundigt sich nach dem Fortgang von Projekten, regelmäßig trifft er hochrangige Politiker in Athen.
Geschätzter Geldgeber
Hahn kennt jeder in Griechenland, auf der Straße wird er gegrüßt, Bürger klopfen ihn auf die Schulter. Der Kommissar ist bekannt und – im Gegensatz zu so manch deutschem Minister – auch sehr beliebt. Hahn ist der Hahn im Griechen-Korb, denn er hat viel Geld zu vergeben, das Griechenland braucht. 70 Prozent der öffentlichen Investitionen wurden in den vergangenen drei Jahren aus dem EU-Topf für Kohäsions- und Regionalpolitik finanziert, für deren Vergabe und Einsatz Hahn zuständig ist. Die Regionalpolitik benützt er als „Instrument für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“. Elf Milliarden Euro investierte die EU seit Ausbruch der Krise in Griechenland, rund 111.000 neue Jobs wurden damit geschaffen. Hätte es die EU-Förderungen nicht gegeben, wäre die Arbeitslosigkeit noch höher, die Armut schlimmer.
Den persönlichen Einsatz Hahns schätzt auch Ministerpräsident Antonis Samaras. Am Donnerstag empfing er den Kommissar erneut, fast eine Stunde dauerte ihr Vier-Augen-Gespräch. Ein wartender Minister konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen: „Wenn Hahn in Griechenland bei einer Wahl antreten würde, er würde sie sicher gewinnen.“
Bei diesem vertraulichen Gespräch ging es um die nächste Förderperiode 2014 bis 2020. Wo sollen die Schwerpunkte der EU-finanzierten Projekte liegen? Und welche Bedingungen muss Griechenland erfüllen?
Von Samaras eilte Hahn zum Bürgermeister Athens, eine Konferenz über die urbane Entwicklung von Athen stand auf dem Programm. Heruntergekommene Viertel sollen revitalisiert werden, kleine Geschäfte und leistbare Wohnungen sollen mit EU-Hilfe entstehen. Als Vorbild gilt Wien, wo die EU vor Jahren der Gürtelzone zwischen dem 8. und dem 16. Bezirk neues Leben einhauchte.