Wiederaufbau hat noch nicht begonnen
Von Walter Friedl
Als die israelischen Kampfjets während der Gaza-Offensive herandonnerten, packte Hashim al-Hussaini seine beiden Kinder und lief mit seiner Frau von seinem Appartement im zwölften Stock schnell ins Erdgeschoß. Wie durch ein Wunder wurde der Wohnturm in Gaza-Stadt während des siebenwöchigen Bombardements nicht getroffen. "Aber durch Einschläge in der Nähe zerbarsten unsere Fensterscheiben, die ich jetzt auf meine Kosten erneuern muss. Dennoch kann ich mich glücklich preisen, denn 18.000 Häuser wurden komplett zerstört oder schwerst beschädigt", sagt der Palästinenser im KURIER-Telefonat.
Der 36-Jährige arbeitet für die "Austrian Development Agency" (ADA), die im Auftrag der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) Hilfsprojekte abwickelt (siehe unten). "Unsere Infrastruktur wurde Gott sei Dank nicht beschädigt. Aber da es täglich noch immer nur zwischen vier und sechs Stunden Strom gibt, müssen wir die Wasserentsalzungsanlage meist mit Diesel-Generatoren betreiben. Das macht die Sache leider teurer. Immerhin aber können wir damit 240.000 Menschen im Gazastreifen mit sauberem Trinkwasser versorgen", betont al-Hussaini.
Die Folgen der Gefechte in diesem Sommer bezeichnet er als "viel schlimmer" als nach dem Gaza-Krieg 2008/2009. "108.000 Palästinenser können nicht mehr in ihre Häuser zurück, weil diese komplett zerstört oder so kaputt sind, dass man sie nicht nutzen kann. Dazu kommen weitere 200.000 Menschen, die vor den Kämpfen geflüchtet sind und noch nicht zurückkehren konnten", berichtet der ADA-Mann. Das bedeutet, dass jeder sechste Gaza-Bewohner kein eigenes Dach über dem Kopf hat.
"Der Wiederaufbau hat noch nicht wirklich begonnen", schlägt al-Hussaini Alarm, es fehle an Material und Geld. "Wobei die Errichtung der Häuser oberste Priorität haben sollte – der Winter ist nicht mehr so fern."
In diesem Zusammenhang appelliert er an Israel, die "Blockade des Gazastreifens zu beenden", um Baumaterial ins Land bringen zu können. "Geschieht das nicht, wird es keinen Fortschritt geben können."
Trotz der prekären Lage und der immer wieder aufflammenden Gewalt in der Region will der Familienvater in Gaza bleiben: "Ich habe hier einen Job für die Menschen zu erledigen. Ginge ich, würde ich das Gefühl haben, sie im Stich zu lassen."
Nach einem dringenden Appell des Hilfswerks der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge UNRWA hat die "Austrian Development Agency" (ADA) spontan eine Million Euro aus dem Auslandskatastrophen-fonds für den Wiederaufbau zur Verfügung gestellt.
Langfristige Unterstützung
Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (EZA) ist schon seit Jahren in der Region tätig. Im Gazastreifen wurde unter anderem eine Meerwasser-Entsalzungsanlage errichtet. Über die ADA fließen jährlich rund vier Millionen Euro in die palästinensischen Gebiete.