Politik/Ausland

Gabriel drängt die SPD zurück in die Mitte

Der Samstag wird mühsam für Sigmar Gabriel. 200 Delegierte der deutschen Sozialdemokraten beraten in Berlin über den Gesetzesentwurf zur erweiterten Vorratsdatenspeicherung: Deren gefühlte Mehrheit ist skeptisch bis strikt dagegen. Gabriel aber will die Meinungsführer der Partei von mehr Realitätsnähe und Koalitionstreue überzeugen.

Die Vorratsdatenspeicherung ist für die Linke ein emotionales Dauerthema mit viel Ideologie. Die Ablehnung geht zwar nicht mehr so weit wie in den 80er-Jahren, als man mit Riesendemos alle Volkszählungen blockierte. Immer noch sind aber den vielen Genossen Datensammlungen suspekt. Ausgenommen das Bankgeheimnis, dessen Abschaffung zwecks Steuereintreibung SPD-Finanzminister mit allen Mitteln betrieben haben.

Im Koalitionsvertrag 2013 setzte allerdings die Union als einen Punkt durch, dass Verbindungsdaten elektronischer Medien länger gespeichert werden als bisher. Das soll vor allem die Bekämpfung der dramatisch steigenden Bedrohung durch islamistischen Terror erleichtern. Unterstützt wird das Anliegen sogar von den SPD-Innenministern der Länder, die diese Bedrohung kennen und fürchten.

Späte Reaktion

Trotzdem ließ sich der aus der Parteilinken kommende Justizminister Heiko Maas bis jetzt damit Zeit: Erst auf Druck des Koalitionspartners, vor allem von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU), und seines eigenen Parteichefs Gabriel legte er den Gesetzesentwurf vor. Der weitet die Speicherung aller Telefon- und Internet-Verbindungen ohne konkreten Verdacht auf zehn Wochen aus. Inhalte werden weiterhin nicht registriert.

Gegen den Entwurf läuft die SPD-Linke Sturm. Um dessen Übergreifen auf andere Themen wie TTIP zu bremsen, berief Gabriel den "Konvent" ein. Mit dem formal weder bindenden noch öffentlichen Gremium hat er schon mehrmals seine Politik im Partei-Mittelbau durchgesetzt. Denn nach seinem gescheiterten Links-Wahlkampf 2013 versucht er nun die um 25 Prozent dümpelnde SPD in die politische Mitte zu bringen. Nur dort kann er 2017 als ihr Kanzlerkandidat eine noch größere Niederlage gegen Kanzlerin Angela Merkel vermeiden.

Vermutungen in der deutschen Presse, Gabriel müsse heute sogar mit Rücktritt drohen, um sich durchzusetzen, sind aber übertrieben: Nicht einmal die Parteilinke würde deshalb jetzt eine Partei- und Regierungskrise riskieren. Am Ende werden wie früher nur relativ wenig Stimmen gegen Gabriel erwartet.

Wie bei ähnlichen Veranstaltungen von CDU und CSU überwiegt die Lust aufs Regieren – und damit Wort und Wille der Parteichefs.