Die Großen 7 im Schatten Putins
Von Evelyn Peternel
Weißwurst, Brezel und ein Schlückchen Bier: Angela Merkel lädt am Sonntag zum Auftakt des G7-Treffens zur Brotzeit in das idyllische Örtchen Krün – fernab der Demonstranten will die deutsche Kanzlerin mit US-Präsident Barack Obama einen Spaziergang durch die malerische Kulisse Bayerns unternehmen. und so für gute Stimmung sorgen.
Wenn die beiden Spitzenpolitiker sich danach mit ihren Kollegen aus Rom, Tokio, Paris, London und Ottawa über Themen wie Klimawandel, Armutsbekämpfung oder die Ukraine-Krise unterhalten, wird eines die Idylle trüben: Über dem Gipfel schwebt der Schatten Wladimir Putins. Er ist nicht zum Gipfel geladen – nach Ausbruch der Ukraine-Krise haben die G8 Russland ja aus ihren Reihen verbannt und sich selbst auf G7 geschrumpft.
Kritik an Rauswurf
Schon im Vorfeld des Treffens hat das Fehlen Putins für gehörig Missstimmung in der deutschen Politik gesorgt: Sowohl Altkanzler Helmut Schmidt, als auch Putin-Freund und Merkel-Vorgänger Gerhard Schröder hatten gefordert, den russischen Präsidenten wieder aufzunehmen. Dass man über einen Krieg berät, ohne dabei einen der Hauptakteure am Tisch sitzen zu haben, sei nicht zielführend.
Dass aus den G7 bald wieder eine G8-Runde wird, scheint jedoch unwahrscheinlich: Merkel hält Russlands Rückkehr für "zurzeit nicht vorstellbar", Kanada fordert gar, dass Putin auf ewig der Zugang zu dem Kreis der wichtigsten Wirtschaftsmächte verwehrt bleibt. "Russland behandelt uns, als wären wir doof", polterte Kanadas Premier Stephen Harper. Mehr noch: Die USA schlossen kurz vor dem Treffen nicht mehr aus, Raketen in Europa stationieren zu wollen – eine donnernde Drohgebärde. Putin selbst reagierte wie immer kühl und bissig zugleich: "Ich denke, dass nur ein nicht gesunder Mensch sich vorstellen kann, dass Russland etwa die NATO angreift", sagte er in einem Interview
Auch bei anderen Themen fehlt Russlands Beteiligung – etwa in puncto Klimaschutz. Als Vorbereitung für die UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember, möchte man sich auf ein Erderwärmungs-Limit von höchstens zwei Grad verständigen. Moskau spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle, steht das Riesenreich doch weltweit an vierter Stelle, was die Kohlendioxid-Emissionen betrifft.
Achse Athen-Moskau
Ebenso verhält es sich in puncto Griechenland. Die Schuldenkrise ist zwar nicht im offiziellen Programm verankert, auch eine kurzfristige Einladung von Premier Tsipras ist unwahrscheinlich – doch allein durch die Anwesenheit von IWF-Chefin Christine Lagarde und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird sich das Thema nur schwerlich vermeiden lassen. Und auch hier hat Putin seine Finger im Spiel, hat Moskau Athen doch erst kürzlich einen Milliardenkredit in Aussicht gestellt.
In einer Affäre spielt der russische Präsident jedoch nur eine untergeordnete Rolle – und zwar bei der Kooperation zwischen NSA und dem BND. Von der Frage, welche Daten der deutsche Geheimdienst an die USA geliefert hat, werden sich Merkel und Obama die Weißwurst-Idylle aber nicht allzu sehr trüben lassen wollen. Innenpolitisch ist die Causa für Merkel nicht mehr so drängend – und beide Seiten brauchen einander in der Ukraine-Frage dringender.