Hollande will Moralisierungs-Schock
Von Danny Leder
Durch einen „Moralisierungs-Schock“ will François Hollande wieder Oberwasser gewinnen. Die Affäre um den Steuerbetrug des Ex-Budgetministers, Jérôme Cahuzac, soll durch vollständige Transparenz bezüglich der Besitztümer der Politiker und eine Verschärfung der Anti-Korruptionsgesetze wettgemacht werden.
Alle Regierungsmitglieder müssen bis Montag ihre Vermögensverhältnisse offen legen. Bisher war nur der Staatschef dazu verpflichtet. Minister und Parlamentarier mussten zwar auch eine Vermögens-Erklärung abgeben, diese wurde aber unter Verschluss gehalten. In Zukunft sollen diese Erklärungen veröffentlicht, kontrolliert und bei Falschangaben scharf geahndet werden.
Vier Regierungsmitglieder sind vorgeprescht. So outete sich die grüne Ministerin für Wohnbau, Cécile Duflot, als Inhaberin eines Hauses im Wert von 168.000 Euro und eines Renault-Twingo. In Anbetracht dieser bescheidenen Vermögenswerte sind andere Regierungsmitglieder über diese Offenlegungsgebote weniger begeistert. Einige Minister gelten als besonders wohlhabend und fürchten den Kontrast zu ihren weniger reichen Kollegen. Zudem lavieren Frankreichs Sozialisten zwischen Anti-Reichen-Parolen und einem sozialliberalen Kurs.
Spannungen
In der bürgerlichen Opposition sind ähnliche Spannungen spürbar: Ein junger Hoffnungsträger der rechtsliberalen UMP, ihr Vizechef Laurent Wauquiez, ließ sich mit seiner Frau vor dem Reihenhaus ablichten, für das er noch immer einen Kredit abzahlt, und forderte „totale Transparenz nach skandinavischem Vorbild“. Daraufhin offenbarte auch Ex-Premier François Fillon seinen Besitzstand (Einfamilienhaus, Sparguthaben unter 100.000 Euro, zwei alte Autos). Sein Rivale, UMP-VorsitzenderJean-François Copé, wettert hingegen über „Voyeurismus“ und „Heuchelei“.
Vor allem warnt Copé vor einem Verbot für Parlamentarier, während ihres Mandats einem anderen Beruf nachzugehen. Das wurde bereits mehrfach erwogen, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Im Visier stehen jene Dutzenden Abgeordneten, die – so wie Copé – als Geschäfts-Anwälte oder als Leiter von Consultingfirmen tätig sind. Ein Berufsverbot würde die Zahl der Selbstständigen im Parlament, die bereits unterrepräsentiert sind, noch mehr verringern, was nicht nur Copé kritisiert.
Hollande will auch gegen verurteilte Mandatare ein unbegrenztes Verbot für eine Wiederkandidatur verhängen, was bei Verfassungsrechtlern auf Bedenken stößt.
Paradies Österreich
Nachdem aber Cahuzac wegen seiner Konten in der Schweiz und Singapur gestrauchelt ist, wird jetzt auch wieder verstärkter Druck auf Steuerparadiese angekündigt. Medien in Frankreich erwähnen diesbezüglich auch Österreich, obwohl es sich dabei nicht um die geläufigste Anlaufstelle für französische Steuerflüchtlinge handelt.
In Regierungskreisen fürchtet man weitere Enthüllungen über Auslandskonten von Ministern. Untermalt wird die Situation durch eine jüngste Umfrage, wonach 77 Prozent der Bürger die Politiker für „eher korrupt“ halten und nur 22 Prozent sie als „eher ehrlich“ einstufen.