Politik/Ausland

Macron nimmt Rücktritt der Regierung an, Linksbündnis steht vor Bruch

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat gut eine Woche nach der zweiten Runde der Parlamentswahl den Rücktritt der Regierung von Premierminister Gabriel Attal angenommen. Macron habe den Rücktritt Attals und aller Minister "akzeptiert", teilte der Präsidentenpalast am Dienstag in Paris mit. Die bisherige Regierung bleibe "bis zur Ernennung einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt". Attal hatte nach der Niederlage von Macrons Lager ein Rücktrittsgesuch eingereicht.

Damit die Übergangszeit schnell ende, müssten die Parteien sich um eine Zusammenarbeit im Dienste der Menschen bemühen, hieß es aus dem Élyséepalast weiter. Der Übergang könne allerdings einige Wochen und mindestens bis zum Ende der Olympischen Spiele dauern, hieß es zuvor von Ministern. Zunächst hatte Macron das Rücktrittsgesuch unter Verweis auf "die Stabilität des Landes" abgelehnt.

Keine Gesetze mehr auf den Weg bringen

Die geschäftsführende Regierung kann nun keine Vorhaben oder Gesetze mehr auf den Weg bringen, in der aktuell unklaren politischen Lage aber auch nicht durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden. Insbesondere aber können die 17 Ministerinnen und Minister, die bei der Wahl einen Sitz im Parlament erhielten, nun am Donnerstag bei der konstituierenden Sitzung der Nationalversammlung bei der Verteilung von Leitungsposten mit abstimmen.

Macron rief sein politisches Lager in einer Kabinettssitzung nach Bericht der Teilnehmer dazu auf, einen Vorschlag für eine Regierungskoalition oder eine Kooperation vorzulegen. Zwar war Macrons Bündnis bei der Parlamentswahl nur auf Platz zwei gelandet. Das siegreiche Linksbündnis, das Macron aufgefordert hatte, es mit der Bildung einer Regierung zu beauftragen, steht inzwischen aber vor einem Bruch. Bei der Suche nach einem Kandidaten für das Amt des Premierministers haben sich Linkspartei und Sozialisten heillos zerstritten.

Linksblock nach Wahl stärkste Kraft

Die linke Neue Volksfront (NFP) war aus der Neuwahl als stärkste Kraft hervorgegangen, hatte die absolute Mehrheit aber klar verfehlt. Ohne eine solche eines Lagers im Parlament gilt eine Regierungsbildung als schwierig, auch weil Koalitionen in Frankreich weitgehend unbekannt sind.

Eine Frist für das Ernennen eines neuen Premierministers hat Macron nicht. Die Hängepartie, die Frankreich zu politischem Stillstand verdammt, kann also dauern. Eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen sind erst in einem Jahr wieder möglich.

Am Abend der Parlamentswahl vor gut einer Woche hatte alles noch ganz einfach ausgesehen. Macrons Mitte-Lager hatte eine Niederlage kassiert, die zunächst als Favoriten gehandelten Rechtsnationalen von Marine Le Pen waren auf Rang drei verwiesen worden und das siegreiche neue Linksbündnis hatte auch ohne absolute Mehrheit gefordert, vom Präsidenten mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt zu werden.

Keine Regierungskoalition geschmiedet

Weder dem Linksbündnis noch Macrons Lager gelang es in der zurückliegenden Woche aber, mit weiteren Partnern eine tragfähige Regierungskoalition zu schmieden. Stattdessen waren die letzten Tage in der Pariser Politik von Taktieren, Feilschen und Tauziehen geprägt. Dabei wurden Mehrheiten abgetastet und gleichzeitig ausgelotet, wie man den Gegner blockieren kann. Macron, der sonst die Fäden fest in der Hand hält, kündigte an, mit der Ernennung eines neuen Premierministers noch zu warten. Er rief die Parteien zur Bildung einer großen Koalition auf.

Und dann trat am Montag das ein, worauf Macron vielleicht schon früher gesetzt hatte - die Rivalitäten innerhalb der Linken drohen, zu einem Bruch des neuen Bündnisses zu führen. Im Kräftemessen mit den Sozialisten über das Bestimmen eines Kandidaten setzte die Linkspartei die Beratungen über die Bildung einer Regierung aus.

Solange die Sozialisten auf ihren eigenen Kandidaten bestünden und ein Veto gegen Bewerber der Linkspartei einlegten, blieben die Beratungen über eine Regierungsbildung ausgesetzt, teilte die Linkspartei La France insoumise mit. Sie warf den Sozialisten "politische Blockade" vor. Die Sozialisten wiederum sprachen von einem undemokratischen Verhalten der Linkspartei.

Mélenchon spekuliert auf Macht

Das Linksbündnis, dem außerdem Grüne und Kommunisten angehören, hatte eigentlich schon Ende der Woche bestimmen wollen, wer im Falle einer Regierungsübernahme Premier werden soll. Die Sozialisten benannten ihren Parteichef Olivier Faure. Die Linkspartei hat neben anderen Kandidaten auch ihren Gründer und Anführer Jean-Luc Mélenchon im Auge. Der altlinke Stratege ist vielen bis in die eigene Partei hinein wegen seiner autokratischen und polemischen Art ein Dorn im Auge. Mélenchon aber spekuliert weiter auf Macht.

Kurzfristig kann der Streit im Linksbündnis Macron in die Karten spielen, denn ein zerstrittenes linkes Lager wird er kaum mit der Regierungsbildung beauftragen. Beobachter vermuten aber auch, dass es bei dem Streit der linken Parteien schon um die Vorherrschaft mit Blick auf eine möglicherweise vorgezogene Präsidentschaftswahl geht. Angesichts der politischen Krise könnte Macron sich gezwungen sehen, vor Ende seiner Amtszeit 2027 schon demnächst abzutreten.

Der Chef der Kommunistischen Partei, Fabien Roussel, bezeichnete den Stand der Gespräche zwischen den Parteien der NFP als "beklagenswert". "Wenn es uns in den nächsten Stunden oder Tagen nicht gelingt, eine Lösung zu finden, erleiden wir Schiffbruch", warnte er im Fernsehsender BFM TV.