Politik/Ausland

Karriere-Aus oder Polit-Comeback?

War das jetzt der Anfang vom endgültigen Ende der Politkarriere von Nicolas Sarkozy oder der Start für seinen neuerlichen Marsch ins französische Präsidentenamt? Noch kann niemand mit Gewissheit sagen, welche Auswirkungen die Paukenschläge der letzten Tagen haben werden: am Dienstag-Morgen war der Ex-Präsident in Polizeigewahrsam genommen worden – eine Premiere für einen französischen Staatschef. Um zwei Uhr früh in der Nacht auf Mittwoch kam Sarkozy wieder frei. Fazit: die Einleitung eines Vorverfahrens gegen Sarkozy wegen „aktiver Korruption“ – darauf stehen bis zu 10 Jahre Haft und das Verbot der Ausübung eines politischen Mandats.

Während seiner 18 stündigen Polizeihaft war er von der Anti-Korruptionsbehörde verhört und drei weiteren Personen, die sich ebenfalls in Gewahrsam befanden, nämlich seinem vormaligen Anwalt und zwei Staatsanwälten, gegenübergestellt worden. Der Verdacht: Sarkozy habe 2012 mit Hilfe dieses Anwalts die beiden Staatsanwälte zu bestechen versucht, um an geheime Ermittlungsergebnisse der Justiz heranzukommen. Diese damaligen Ermittlungen sollten klären, ob Sarkozy für seine Wahlkampagne 2007 illegale Zuwendungen der Milliardärin Liliane Bettencourt erhalten habe. Das Verfahren gegen Sarkozy in der Affäre Bettencourt wurde im November 2012 mangels Beweise wieder eingestellt.

Darauf berief sich Sarkozy am Mittwoch-Abend in einem TV-Interview. Bei diesem ersten Großauftritt, 25 Monate nach seiner Abwahl als Staatschef und 15 Stunden nach seiner Entlassung aus der Polizeigewahr, sagte Sarkozy: „Kein anderer Politiker ist jemals so drangsaliert worden. 20 Richter stellen mir nach. Aber nichts ist gefunden worden.“

Schwer fassbar

Tatsächlich sind mehrere Erhebungen gegen Sarkozy im Gange, von denen bisher keine zu einer Anklage-Erhebung führte. Einige dieser Affären, wie etwa der Verdacht, Sarkozy habe 2007 Wahlkampfspenden vom lybischen Diktator Muammar Kaddafi erhalten, klingen weit hergeholt, können aber auch nicht ausgeschlossen werden. Andere, wie etwa die Begünstigung von halbseidenen Gefolgsleuten auf Kosten der Steuerzahler sind offensichtlich, aber juristisch, in Hinblick auf eine mutmaßliche persönliche Verantwortung von Sarkozy, schwer fassbar.

Dazu kommt, dass die Bevölkerung derartige Exzesse von Sarkozys Vorgängern gewohnt ist und bei dieser Vielzahl von Affären den Überblick verloren hat. In diesem Wirrwarr könnte auch der aktuellste Skandal vorerst wieder verschwimmen: die Verstrickung des Kreis um Sarkozy mit einer obskuren PR-Agentur im Wahlkampf 2012, die zum Versickern dutzender Millionen Euro führte.

"Frankreich retten"

Sarkozys Antwort auf diese Vorwürfe ist im Wesentlichen immer die gleiche: er sei Opfer eines Komplotts „linker“ Richter im Verbund mit der sozialistischen Staatsführung. Deshalb werde er jetzt erst recht, so gibt Sarkozy zu verstehen, wieder an die Spitze der konservativen UMP treten um anschließend, bei den Präsidentenwahlen 2017, Frankreich zu „retten“. Sarkozy will sich als einziger Hoffnungsträger zwischen dem extrem geschwächten sozialistischen Regierungslager um Präsident Francois Hollande und der vormarschierenden Rechtspopulistin Marine Le Pen profilieren.

Seine Rivalen in der UMP warnen zwar davor, wieder auf Sarkozy zu setzen, weil ihn die Justiz jederzeit definitiv zur Strecke bringen könnte. Und 65 Prozent der Franzosen lehnen seine Präsidentschaftskandidatur ab. Aber 33 Prozent stehen noch oder wieder zu ihm, und fast 80 Prozent der Anhänger der UMP.

Der Draufgänger Sarkozy (der teilweise der Tradition des „Bonapartismus“, also einer vorpreschenden Führungsfigur, zugeordnet wird) dürfte sich insgeheim auch auf eine Beschleunigung der politischen Agenda in Frankreich vorbereiten: die schwere Vertrauenskrise, die am Zusammenhalt und Bestand des sozialistischen Regierungslagers nagt, könnte zu vorverlegten Wahlen führen.