Politik/Ausland

Jean-Marie Le Pen verzichtet auf Kandidatur

Die erste Runde im spektakulären Schlagabtausch zwischen der Vorsitzenden des Front National (FN), Marine Le Pen, und ihrem Vater, Jean-Marie Le Pen, endete mit einer Niederlage des Letzteren. Der 86-jährige Parteigründer gab am Montag bekannt, auf seine ursprünglich vorgesehene Kandidatur als FN-Listenführer bei den Regionalwahlen im Dezember im Südosten Frankreichs zu verzichten. Nachsatz: "Obwohl ich glaube, dass ich der beste Kandidat gewesen wäre." Er würde sich "für die Zukunft der Bewegung opfern", so Jean-Marie Le Pen.

Marine Le Pen hatte die längste Zeit provokante Sprüche ihres Vaters de facto akzeptiert. Erst in den vergangenen Jahren, nach ihrem Amtsantritt als Parteivorsitzende 2011, hatte sie in der Öffentlichkeit Distanz signalisiert, vor allem wenn ihr Vater den Holocaust herunterzuspielen versuchte. Dabei war sie allerdings bemüht, einen Bruch zu umschiffen.

Jetzt aber intensivierte der FN-Ehrenpräsident seine einschlägigen Erklärungen: Erst bekräftigte er seinen Sager über die Gaskammern als "Detail des Krieges". Anschließend gab er einem obskuren antisemitischen Blatt ein Interview, in dem er das gesamte Repertoire des französischen Rechtsradikalismus rezitierte. Im Vorfeld der landesweiten Regionalwahlen, die Marine Le Pen als Probe für ihre Präsidentschaftskandidatur 2017 betrachtet, war das zu viel des Schlechten.

Der FN hat zwar beeindruckende Wahlerfolge erzielt: Bei den EU-Wahlen 2014 und bei landesweiten Departement-Wahlen im März kam der FN jeweils auf 25 Prozent – konnte aber keine einzige Departement-Verwaltung erobern, da ihm eine Mehrheitsbarriere misstrauischer Wähler aus allen übrigen Lagern widerstand.

Disziplinargericht

Marine Le Pen will diese Ablehnungsbarriere verringern. Aber die Frage, inwieweit die Ziele des FN wirklich mit den Grundwerten der französischen Republik vereinbar sind, ist jetzt wieder in den Vordergrund gerückt und erscheint weiterhin nicht klar beantwortet. Ein partei-internes Disziplinargericht hat Jean-Marie Le Pen vorgeladen. Aber einzig sein Partei-Ausschluss wäre ein klares Signal an jene Wähler, die dem FN misstrauen – das scheint derzeit aber ausgeschlossen.

Außerdem wird voraussichtlich die Enkelin von Jean-Marie Le Pen, die 25-jährige FN-Politikerin Marion Marechal-Le Pen, anstelle des Patriarchen bei den Regionalwahlen antreten – die Favoritin und treueste Polit-Erbin des Parteigründers.