Politik/Ausland

Bayern droht Merkel mit Verfassungsklage

Um exakt 14 Minuten nach 14 Uhr trat der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer vor die Medienvertreter und verkündete einen Plan, wie Deutschland die anhaltende Flüchtlingskrise bestmöglich bewältigen kann. Doch mehr als ein Appell an die deutsche Bundesregierung war es nicht. Gestern hat sein Ton in der bayrischen Flüchtlingspolitik noch viel schärfer geklungen. In einem Zeitungsinterview verlautete er, Flüchtlinge nach Österreich zurückzuschicken - es handle sich um eine "Notwehr-Maßnahme" angesichts der "stark steigenden Flüchtlingszahlen".

Seit vielen Tagen habe Seehofer Gespräche über die aktuelle Entwicklung der Flüchtlingspolitik geführt, sagte er zu Beginn der Pressekonferenz. Seine Forderungen, die er in einer Kabinettssitzung am Freitagvormittag beschlossen, hat er im Programm "Zusammenhalt fördern, Integration stärken" zusammengefasst.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere reagiert auf die Forderungen Seehofers gelassen und spricht sich gegen Grenzkontrollen in Bayern aus. Das Problem lasse sich nicht dort lösen, sondern an den Außengrenzen Europas. Die Ankündigung Bayerns, notfalls mit einer Klage eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen durchzusetzen, kommentierte de Maiziere mit: "Jeder kann das Bundesverfassungsgericht anrufen."

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Seehofer: Integration stärken

Trotzdem: Das Programm sei einzigartig in Deutschland, betont der Ministerpräsident. Erstens werden 3.772 Stellen im Bereich der Justiz und Polizei geschaffen, um den "Flüchtlingsstrom zu meistern und zusätzliche Belastung zu schultern". Nur so könne die Sicherheit im Lande gewährleistet werden. Vor allem das Gespräch mit den Sicherheitsbehörden sei für diese Entscheidung besonders wichtig gewesen. "Es muss zusätzliches Personal muss her. Die Sorgen der Sicherheitsbehörden sind real", so Seehofer.

Integration ist der zweite Punkt im bayrischen Programm. Der Freistaat werde weiterhin mit Menschen unterschiedlicher Herkunft friedlich, gleichberechtigt und solidarisch zusammenleben. Dazu müsse man aber die Integrationsbemühungen stärken. Bis Ende 2016 sollen 20.000 Ausbildungsplätze geschaffen werden, bis "2019 sollen 60.000 Arbeitsmarktintegrationen erfolgreich abgeschlossen" werden. Für die Bildung werden Mittel für 1.700 Lehrkräfte zur Verfügung gestellt. Und zusätzlich sollen 6.000 bis 7.000 Wohnungen jährlich gebaut werden. Aber nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Einheimische, stellt Seehofer klar.

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Integration sei aber keine Einbahn. Es werde ein Integrationsgesetz installiert, dass einen Kanon der Grundwerte beinhaltet. Gesetze müssen respektiert, darunter falle auch das Erlernen der deutschen Sprache. Das Programm soll rund 489 Millionen Euro kosten. "Wenn Integration nicht gelingt, kommt es zu sozialen Spannungen und infolgedessen wird das noch viel teurer. Das ist ein gut angelegtes Geld."

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Innere Sicherheit gewährleisten

In seinem Fazit erklärt Seehofer, dass Integration aber nur gelingen kann, wenn das Ausmaß der Zuwanderung begrenzt wird. Der derzeitige Flüchtlingsstrom helfe weder der Integration noch der inneren Sicherheit. "Man darf ja fast nicht über die innere Sicherheit reden, weil es Angst auslösen könnte", richtet Seehofer einen Appell an die Bundesregierung in Berlin. Deshalb fordert der Ministerpräsident, dass die Zuwanderung begrenzt werden muss:

  • EU-Außengrenzen müssen geschützt werden
  • Asylbewerber müssen registriert werden
  • Bis Ende November müssen Hotspots in Italien und Griechenland installiert werden
  • Die Binnengrenzen müssen geschützt werden
  • Dublin-Verfahren muss konsequent eingehalten werden.