Politik/Ausland

Fico-Mordversuch: Was man über den mutmaßlichen Attentäter weiß

Ein älterer Mann mit Blut auf der Stirn: So schilderten Reporter den Mann, der am Mittwoch die Schüsse auf den slowakischen Premier Robert Fico abgegeben hat. Er sei desorientiert gewesen, sagte ein Journalist des öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTVS. Fico selbst war da gerade schwer verletzt in ein gepanzertes Auto gebracht worden.

"Stimme der Regierungspolitik nicht zu"

Einige Stunden später bestätigte Innenminister Matúš Šutaj-Eštok die Informationen, die schon länger in den sozialen Medien herumgeisterten: Der mutmaßliche Attentäter soll ein 71 Jahre alter Schriftsteller aus Levice sein, einer Stadt etwa 150 Kilometer östlich von Bratislava. In den Medien kursierte ein Video, in dem er seine Motive schildert: „Ich stimme der Regierungspolitik nicht zu“, sagte Juraj C. da - sichtlich benommen. Als konkretes Beispiel nannte er die von der Regierung geplante Auflösung des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens RTVS.

Seit Wochen gehen Tausende Menschen gegen Ficos Pläne, den Staat und die Medien umzubauen, auf die Straße; die Gesellschaft ist auch angesichts eines geplanten NGO-Gesetzes im russischen Stil massiv gespalten. Šutaj-Eštok sprach bei einer Pressekonferenz deshalb sogar davon, dass sich die Slowakei "am Rande eines Bürgerkriegs" befinde.

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Schriftsteller und Wachmann

Ob Juraj C. polizeilich aufgefallen ist, ist unklar. Fest steht, dass er Dichter war, in der Vergangenheit auch mehrere Gedichtbände veröffentlicht und einen Literatur-Club gegründet hat. Die slowakische Schriftstellervereinigung, bei der er Mitglied war, schrieb dazu: „Wir werden Mitgliedschaft dieser abscheulichen Person kündigen“, sollten sich die Vorwürfe erhärten.

Vom Schreiben hat der mutmaßliche Schütze aber wohl nicht leben können, denn nebenher arbeitete er auch als Sicherheitsmann in einem Einkaufszentrum in Levice. 2016 ist er dabei von einem unter Drogen stehenden Mann attackiert worden. Als Wachmann durfte er auch legal Waffen besitzen - eine davon soll er für das Attentat verwendet haben.

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Verbindung zu pro-russischen militanten Gruppierungen

Recherchen von Investigativjournalisten haben zudem ergeben, dass er Kontakt zu einer pro-russischen, paramilitärischen Organisation namens Slovenski Branci (SB) gehabt haben dürfte, schreibt Aktuality.sk. Deren Anführer wurde von russischen Geheimdienstlern ausgebildet, die Gruppe war auch bei rechtsextremen Aufmärschen in Österreich aktiv. Die SB hat sich 2022 aufgelöst, es existieren aber nach wie vor öffentlich einsehbare, gemeinsame Fotos mit dem mutmaßlichen Attentäter; er soll für die Gruppe als Kolumnist geschrieben haben.

Wie seine Verbindung zu dieser militanten Gruppe mit der Gründung einer Anti-Gewalt-Bewegung zusammenpasst, von der auch in den Medien gesprochen wird, ist  unklar. Diese soll dazu aufgerufen haben, sich gegen jede Art von Gewalt zu wehren.

"Vielleicht hatte er einen Kurzschluss"

Anzeichen für eine bevorstehende Tat habe es keine gegeben, sagte der Sohn des mutmaßlichen Attentäters dem Portal Aktuality.sk. „Ich habe absolut keine Ahnung, was mein Vater vorhatte und warum dies geschah.“ Ob sein Vater Hass auf Premier Fico verspürte? „Lassen Sie es mich so ausdrücken – er hat ihn nicht gewählt. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.“ 

Sein Vater habe jedenfalls nie offen davon gesprochen, einen Politiker oder explizit Fico angreifen oder gar töten zu wollen. Auch sei er nicht in psychiatrischer Behandlung gewesen. „Vielleicht hatte er einen Kurzschluss, ich weiß es nicht.“