Faymann will EU-Förderungen an Asylquote knüpfen
Der Chef der Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, spricht Klartext: "Die Flüchtlingskrise wird noch Jahre dauern, weil die Ursachen des Flüchtlingsnotstandes, die politische Lage im Nahen und Mittleren Osten sowie der Mangel an Entwicklungsperspektiven für Afrika, erhalten bleiben. Es könnte aber noch schlechter werden." Vor den EU-Grenzen sind derzeit 20 Millionen zur Flucht bereit. Der Druck auf die EU-Staaten, endlich zu einem effizienten und gerechten Flüchtlingsmanagement zu kommen, wird täglich größer. Eine Strategie zeichnet sich bereits ab. In einem ersten Schritt werden Mitglieder, die nicht bereit sind, ein faires Quotensystem zu akzeptieren, in bilateralen Gesprächen in die Mangel genommen.
Gestern, Freitag, traf die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem neuen polnischen Staatspräsidenten Andrzej Duda zusammen. Der rechtskonservative Präsident ist besonders EU-skeptisch, Polen zeigt sich in der Flüchtlingsfrage nicht solidarisch. Den nächsten Schritt hat Bundeskanzler Werner Faymann am Freitag im Ö1-Mittagsjournal bekannt gemacht: Für Länder, die sich einer gemeinsamen Lösung verschließen, sollen EU-Fördergelder zurückgehalten werden. "Ich bin dafür, dass man alles einsetzt, auch die Kürzung von EU-Föderungen, um diesen politischen Druck auf jene Länder zu erhöhen, die gegen verpflichtende Flüchtlingsquote in der EU sind. Auch Merkel sieht es genau so. Tatsächlich sind Staaten, die sich einer gerechten Lösung verweigern (Polen, baltische Republiken), Netto-Empfänger. Das heißt, sie bekommen mehr Subventionen von der EU als sie an den EU-Haushalt einzahlen. Umgekehrt sollen Staaten, die besonders viele Asylwerber aufnehmen, wie Österreich, EU-Hilfen bekommen.
Vertragliche Ausnahmen gibt es für Großbritannien, Dänemark und Irland. Sie nehmen nicht an der gemeinsamen Asylpolitik teil, die ohnedies nur auf dem Papier besteht. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird sich am 9. September in einer Rede an die Union zur Flüchtlingspolitik äußern. Eine Migrationsagenda der Kommission liegt seit Mai auf dem Tisch, etliche Regierungen lehnen sie ab.Im EU-Parlament fordert Abgeordneter Otmar Karas ein Migrations- und Integrationspaket nach dem Vorbild des Binnenmarkt-Projektes des ehemaligen Kommissionspräsidenten Jacques Delors. Die EU-Innenminister sind nun beauftragt, rasch ein Asyl-Konzept vorzulegen. Sollten sie es nicht liefern, dürfte ein EU-Sondergipfel in Brüssel folgen.