"Faulenzern nicht nachgeben"
Von Danny Leder
Vom "heißen Herbst", mit dem die linken Gegner von Präsident Emmanuel Macron seine Arbeitsmarktreform zu Fall bringen wollen, war gestern, Dienstag, bei einem ersten landesweiten Streik- und Demo-Tag nicht viel spürbar: das lag nicht nur an den gelegentlichen Regenschauern, die auf Demonstranten herabprasselten. Auch die Teilnehmerzahlen – mehrere zehntausend – hielten sich nach französischen Maßstäben in Grenzen.
Zwar gerieten radikale Demonstranten und Polizei stellenweise aneinander, aber auch diese Zusammenstöße haben in Frankreich Gewohnheitscharakter. Einen unüblichen und spektakulären Einschlag gab es doch: erstmals erhielten die Gewerkschaftsdemos Verstärkung durch ambulante Jahrmarktsschausteller.
Aber diese Schausteller, vor allem kleine Familienunternehmer, teilen gar nicht die Kritik der Gewerkschaften an den neuen Arbeitsgesetzen, zumal die Reform von Macron den Firmenchefs von Klein- und Mittelbetrieben klar entgegenkommt. Ihnen ging es um ein ganz anderes Anliegen: Sie protestieren gegen neuerdings transparente Ausschreibungsverfahren bei der Vergabe von Standplätzen für Weihnachtsmärkte und städtische Feste.
Jahrmarkts-Magnat
Aufgestachelt wurden sie durch einen Magnaten des Jahrmarktsgewerbes, der darüber erbost ist, dass er sein bisheriges, ziemlich dubioses Monopol beim Betrieb des Weihnachtsmarkts und eines Riesenrads auf dem Pariser Concorde-Platz verloren hat.
Dieses Bild der Verworrenheit, das die Gegner von Macron bieten, trägt auch dazu bei, dass der Staatschef zurzeit freie Bahn bei der Durchsetzung seiner Reformvorhaben hat. Die Gewerkschaftsbünde, von denen es in Frankreich ein halbes Dutzend gibt, sind sich in ihrer Kritik an Macron uneins.
Die bürgerliche Opposition kann Macron schwerlich vorwerfen, jene Reformen umzusetzen, die sie selber jahrelang befürwortet, aber während ihrer Regierungszeit nicht verwirklicht hatte. Die SP, obwohl extrem geschrumpft, ringt um Einigkeit. Als wichtigste Oppositionskraft erscheint die Bewegung des Linkstribuns Jean-Luc Melenchon, der aber durch cholerische Auftritte verschreckt. Der rechte "Front national" steckt seit der Niederlage von Marine Le Pen bei den Präsidentenwahlen in einer schweren Krise und ist kaum zu vernehmen.
Deshalb kann Macron mit Gelassenheit darauf reagieren, dass er bei Popularitäts-Umfragen nur fünf Monate nach seiner Amtsübernahme unter die 40-Prozent-Marke gestürzt ist. Das ist im Vergleichszeitraum nicht einmal seinem Vorgänger François Hollande, passiert.
Aber im Gegensatz zu Hollande, der zögerlich erschien und einen wirtschaftspolitischen Schlingerkurs verfolgte, ist Macron felsenfest davon überzeugt, dass eine unternehmer-freundliche Rundum-Erneuerung Frankreichs von Nöten ist. Im Vorlauf des gestrigen Streiks leistete sich Macron sogar eine Provokation. In einer Rede bei einem Besuch in Athen beteuerte er: "Ich werde in keinem Punkt nachgeben, weder gegenüber den Faulenzern, noch gegenüber den Extremisten."
Macrons-Berater versuchten zu beschwichtigen: Mit den "Faulenzern" habe der Präsident nicht seine Kritiker in den Reihen der Gewerkschaften gemeint, sondern seine Vorgänger im Präsidentenamt. Aber Macron selber ließ sich zu keiner nachträglichen Besänftigung bewegen. Die Demonstranten hätten Macron sowieso keine Entschuldigung abgenommen und hielten Plakate mit der Aufschrift hoch: "Faulenzer aller Länder, vereinigt Euch!"