Experte: Klimaprozess der UNO ohne Wirkung
Von Bernhard Gaul
Der Klimagipfel der UN war ein Rückschlag, sagt Stefan Schleicher, WIFO-Volkswirt und Professor am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel.
KURIER: Was bleibt für Sie unterm Strich nach der 19. Weltklimakonferenz in Warschau?
Stefan Schleicher: Nach außen sagen alle Staaten, das Ziel muss eine Begrenzung der Erderwärmung unter 2° Celsius sein. De facto hat der UNO-Prozess aber nur noch einen rituellen Stellenwert ohne klimapolitische Wirkung. China hat zwar ein Riesenproblem mit Smog, lehnt aber jegliche Einschränkungen beim Wachstum ab, Indien detto. Die USA lehnen seit jeher internationale Verpflichtungen ab, Obama wird das nicht ändern. Japan hat die Klimaziele stark aufgeweicht, Australien und Kanada zeigen kein Interesse mehr.
Immerhin hat die EU verpflichtende Klimaziele bis 2020.
Die EU sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, sich von der einstigen Vorreiterrolle verabschiedet zu haben. Wir haben etwa noch immer keine gesetzliche Voraussetzung für die Ziele bis 2020.
Gibt es sonst Staaten, die verbindliche Klimaziele haben?
Eigentlich gibt es nur Absichtserklärungen von der EU und Norwegen und der Schweiz. Das ist von den Entwicklungsländern sehr moniert worden. Die Allianz der kleinen Inselstaaten sagte etwa entsetzt, dass sie jetzt Abwanderungspläne für die Bevölkerung vorbereiten müssen, weil es sie nach 2050 wohl nicht mehr geben wird.
Dafür wurde bei der Klimakonferenz 2009 ja ein Fonds angekündigt, der von den reichen Staaten mit vielen Milliarden gefüllt werden soll. Gibt es den?
Es wurde versprochen, bis zu 100 Milliarden Dollar ab 2020 einzusammeln. Derzeit gibt es aber von keinem einzigen Staat die Absicht, das auch zu tun.
Gibt es wenigstens irgendeine positive Nachricht?
Es gibt Fortschritte beim Schutz der Regenwälder. Und es gibt zumindest die Absicht, für extreme Wetterkatastrophen einen eigenen Hilfsmechanismus zu installieren. Der ist aber offen.
Also lasst alle Hoffnung fahren?
In den UN-Prozess habe ich wenig Vertrauen. Ich setze auf einen Technologie-Wettbewerb zur Energieeffizienz in den kommenden Jahren, dort liegt sehr viel Potenzial.