EVP sucht Gegner für Schulz
In diesen Tagen beginnt der EU-Wahlkampf auch auf europäischer Ebene offiziell: Nachdem die Sozialdemokraten vergangene Woche wie erwartet EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zu ihrem "Spitzenkandidaten" kürten (sprich: er ist ihr Kandidat für die Nachfolge von Jose Manuel Barroso als Präsident der EU-Kommission), ist diese Woche die Europäische Volkspartei an der Reihe.
Am Freitag wählen EVP-Politiker aus ganz Europa ihren Kandidaten (aus Österreich haben sich Vizekanzler Michael Spindelegger, Klubchef Reinhold Lopatka sowie die EU-Abgeordneten angeführt von Othmar Karas angekündigt): Favorit ist "Mister Euro" Jean-Claude Juncker, seine Gegenkandidaten werden – Stand Mittwoch – der französische Binnenmarktkommissar Barnier und der lettische Ex-Premier Dombrovskis sein.
Abkehr von Austerität?
Während am Mittwoch in Dublin noch die letzten Vorbereitungen für den EVP-Parteitag liefen, präsentierten die Sozialdemokraten zur gleichen Zeit in Brüssel das Herzstück ihres Wahlprogramms: Eine "alternative Vision für Europa", in deren Zentrum das Schaffen von Arbeitsplätzen und eine Re-Industrialisierung steht. Und, ganz wichtig: Eine Abkehr von der Austeritätspolitik der vergangenen Jahre.
"Die Defizite in den Staatshaushalten zu reduzieren, ist wichtig – aber diese Politik muss gleichzeitig wachstumsorientiert sein", sagt Hannes Swoboda, Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament. Dies sei in den vergangenen Jahren verabsäumt worden, "sodass wir auch keine Erfolge bei der Beschäftigung sehen".
Das Programm der Sozialdemokraten sieht eine Aufstockung der Mittel für die "Europäische Jugendgarantie" von derzeit sechs auf 20 Milliarden vor. Auch für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer will man kämpfen.
Kritik an Juncker
Für eine Wende in Europa, sagt Swoboda, müsse der nächste Kommissionspräsident Schulz heißen – und nicht Juncker: "Jeder mag Juncker, er hält auch wunderbare Reden. Aber er ist mitverantwortlich für das, was wir die letzten Jahre gesehen haben. Er ist keine Alternative zur jetzigen Kommission, er ist Teil des EU-Establishments." Gilt das nicht auch für Schulz als Parlamentspräsident? "Nein", sagt Swoboda. Schulz sei oft "in Opposition" zu Kommission und Regierungschefs gewesen, während Juncker bis vor Kurzem bei Letzteren am Tisch saß. "Jetzt wollen sie ihn nicht mehr in Luxemburg", sagt Swoboda zu Junckers Abwahl im Herbst, "warum sollten wir ihn da noch in Europa wollen?"