Politik/Ausland

Europäischer Haftbefehl gegen Puigdemont erlassen

Die spanische Justiz will den abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont in Belgien festnehmen lassen. Eine Richterin in Madrid hat am Freitag Europäische Haftbefehle gegen Puigdemont und vier seiner ehemaligen Minister ausgesellt, die sich ebenfalls in Belgien aufhalten sollen. Puigdemont kündigte indes eine Kandidatur bei der Katalonien-Wahl im Dezember an.

Bundesankläger Eric Van der Sypt bestätigte den Erhalt des Europäischen Haftbefehls und kündigte eine Prüfung an. "Morgen oder übermorgen" werde er diesen einem Untersuchungsrichter übergeben, fügte der Staatsanwalt am Freitagabend in Brüssel hinzu.

Was bedeutet das?

Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich um ein vereinfachtes Auslieferungsverfahren. Für eine Übergabe muss der zugrunde liegende Straftatbestand in der Regel auch in dem Land existieren, wo die Festnahme erfolgte. Allerdings gibt es in Belgien keinen Tatbestand "Rebellion". Über die Vollstreckung des Haftbefehls muss nun ein belgischer Richter entscheiden.

Vorwürfe: Rebellion, Aufruhr, Veruntreuung

Die spanische Justiz wirft dem abgesetzten Regionalpräsidenten und seinen Ministern wegen der Ereignisse rund um die katalanische Unabhängigkeitserklärung Rebellion, Aufruhr und die Veruntreuung öffentlicher Mittel vor. Bereits am Donnerstag hatte ein Gericht in Madrid acht Mitglieder von Puigdemonts abgesetzter Regierung in Untersuchungshaft nehmen lassen. Die Inhaftierung der früheren Regierungsmitglieder brachte den Separatisten wieder mehr Unterstützung, nachdem die Ausreise Puigdemonts bei der Bevölkerung auf harsche Kritik gestoßen war.

Puigdemont will bei Neuwahl antreten

Puigdemont kündigte unterdessen eine Fortsetzung seines politischen Engagements an. Bei der katalanischen Regionalwahl am 21. Dezember wolle er kandidieren, sagte er dem belgischen Sender RTBF. "Ich will unserem Volk eine Botschaft senden", begründete er seinen Plan. Den Wahlkampf könne er auch aus dem Ausland betreiben.

In dem Interview bekräftigte er seine Weigerung, sich einem Verfahren in Spanien zu stellen. Er sehe dort keine Chance auf "ein gerechtes, unabhängiges Urteil". Der belgischen Justiz wolle er sich aber stellen, sagte er. Die Richterin in Madrid wies bei Ausstellung des Haftbefehls den Vorschlag von Puigdemonts Anwälten zurück, ihn per Videoschaltung in Brüssel von einem spanischen Gericht befragen zu lassen.

Der belgische Migrationsminister Theo Francken sagte, er halte ein politisches Asyl für Puigdemont für möglich. "Das ist nicht unrealistisch, wenn man sich die Situation anschaut", sagte der Politiker der nationalistischen flämischen Partei N-VA dem Fernsehsender VTM. "Die Frage ist, inwieweit er einen fairen Prozess bekommen würde".

Der Staatsgerichtshof in Madrid hatte Puigdemont und die Mitglieder seiner Regierung für Donnerstag zu einer Anhörung vorgeladen. Der abgesetzte Regionalpräsident und vier seiner Minister ignorierten die Vorladung, woraufhin die Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen sie beantragte.

Generalstreik am 8. November

Die Gewerkschaft CSC rief für den 8. November zu einem Generalstreik auf, die beiden größten Gewerkschaften in Katalonien legten sich darauf allerdings noch nicht fest. Der linksgerichtete CUP-Politiker Carles Riera rief zu einem "Generalstreik" und zu einer "massiven Mobilisierung" auf. Am Freitag blockierten Demonstranten zwischenzeitlich mehrere Straßen sowie Schienen in Katalonien und sorgten für Zugverspätungen.

Die Zentralregierung in Madrid warnte erneut vor den "sehr nachteiligen" Auswirkungen der Unabhängigkeitsbestrebungen für das Wirtschaftsleben. Sie verwies auf zurückgehende Hotelbuchungen und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um knapp 15.000 Betroffene im Oktober.

Die Freilassung zweier prominenter Unabhängigkeitsbefürworter lehnten die spanischen Behörden ab. Jordi Sanchez und Jordi Cuixart blieben damit in Untersuchungshaft. Die Justiz hatte die Anführer der Gruppierungen Katalanische Nationalversammlung (ANC) und Omnium Cultural Mitte Oktober festgesetzt.

"Wir stehen wieder am Abgrund", kommentierte die katalanische Tageszeitung "La Vanguardia" die Entwicklungen. Eine Festnahme Puigdemonts wäre "das schlimmste Szenario".

EU hält sich raus

Die Europäische Union will sich weiter nicht in den Streit einschalten: Dies sei "ausschließlich" eine Sache der "Justizbehörden, deren Unabhängigkeit wir akzeptieren", sagte eine Kommissionssprecherin am Freitag in Brüssel.

Deutschland bekräftigte seine Unterstützung für die spanische Zentralregierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy. "Wir unterstützen weiter die klare Haltung des spanischen Ministerpräsidenten zur Wiederherstellung und Gewährleistung der spanischen Verfassungsordnung", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Der katalanische Vertreter in Wien, Adam Casals, bestätigte unterdessen, dass er vom neuen Machthaber in der Region, dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, gefeuert worden sei. 13 von 14 Auslandsvertretungen Kataloniens seien geschlossen worden, sage er am Freitag der APA. Er betrachte die Schritte zwar "als illegal", könne aber selbst nichts machen, sagte Casals. Daher sei er "gezwungen, diese Maßnahme zu akzeptieren". Er bleibe aber noch eine Weile in Wien, ergänzte er.

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