Europäische Verteidigung à la carte: Wo Österreich mitmachen kann
Interview.Günter Höfler, Österreichs Militär in Brüssel, über die seit gestern aktive Allianz.Sie hört sich sperrig an – die "Permanente Strukturierte Zusammenarbeit", kurz PESCO , ist aber nichts anderes als eine neue Koalition der Willigen in der europäischen Verteidigungspolitik. Seit Montag, seit die EU-Außenminister in Brüssel grünes Licht gaben, ist diese europäische "Verteidigungsunion light" nun rechtswirksam.
Österreich zieht mit – ebenso wie 24 andere EU-Staaten. Nur Malta und Dänemark sowie die demnächst aus der EU ausscheidenden Briten bleiben draußen.
Probleme mit Österreichs Neutralität sieht die Regierung in Wien keine: Bei PESCO klinkt sich jeder Staat je nach eigenen Wünschen und Möglichkeiten bei Projekten der europäisch-militärischen Zusammenarbeit ein. "18 Projekte liegen derzeit auf dem Tisch", schildert Generalleutnant Günter Höfler dem KURIER. "Wir beabsichtigen an vier Projekten teilzunehmen: bei der grenzüberschreitenden Katastrophenhilfe sowie bei der Abwehr von Cyberbedrohung und dem Informationsaustausch darüber. Drittens wollen wir uns an Ausbildungszentren für EU-Trainingsmissionen beteiligen" führt der mit Jahresende in Pension gehende Leiter der österreichischen Militärvertretung in Brüssel weiter aus. Und mitmachen wolle Österreich letztlich auch beim Projekt "grenzüberschreitender Verkehr militärischer Güter" – was den langgedienten Militär "doch positiv überrascht", wie er selbst zugibt. "Derzeit müssen Länder, wenn sie etwa für eine Übung in Ungarn militärisches Gerät durch Österreich transportieren wollen, alles mühsam und bürokratisch beantragen."
Ein eigenes Projekt habe Österreich noch nicht eingebracht, sagt Höfler, "es könnte aber vielleicht die Gebirgsjägerausbildung sein".
Aber wozu eine verstärkte militärische Zusammenarbeit der EU-Staaten, wenn es doch bereits die für die Verteidigung Europas zuständige NATO gibt? "Einander ergänzen, die europäischen Kapazitäten stärken, besser und enger zusammenarbeiten – und das von der Forschung, dem Training bis hin zur gemeinsamen Rüstungsbeschaffung", lautet die Antwort des Generalleutnants.
Gemeinsames Vorgehen erhöhe die Effizienz der Einsätze und senke die Kosten erheblich. Und schließlich erfordere auch das "Bedrohungsfeld, dem wir uns in Europa gegenüber sehen, mehr Zusammenarbeit". Das reiche von der Terrorgefahr, der Cyberbedrohung, über die geopolitischen Herausforderungen in der weiteren Nachbarschaft Europas bis hin zu den großen Migrations- und Flüchtlingsströmen.
"Eine der größten Stärken der EU ist der umfassende, integrative Ansatz. Wenn wir eine Mission schicken, wie etwa nach Mali, können wir einer Krise unter Anwendung verschiedener Faktoren begegnen, mit wirtschaftlichen, zivilen, politischen, diplomatischen und militärischen Komponenten. Das kann die NATO nicht so gut", sagt Höfler. Für künftige Einsätze dieser Art sollen im Rahmen von PESCO verbesserte Trainingsmissionen aufgebaut werden.
Keine EU-Armee
Von der Bildung von Kampftruppen sind diese Pläne allerdings weit entfernt – ebenso wie von der Gründung einer EU-Armee. "Die wird es so schnell auch nicht geben", ist sich Generalleutnant Höfler sicher. "Das hieße ja, dass jedes Land seine nationalen Streitkräfte abgibt und unter ein großes EU-Dach stellt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass etwa Frankreich oder Deutschland ihre Truppen der EU übergeben. Und es gibt auch nicht einmal eine Notwendigkeit dafür. Die NATO hat ja auch keine NATO-Armee, ebenso wenig wie die UNO: Sie haben die Truppen ihrer Mitgliedsstaaten."