Martin Schulz fordert eine Google-Steuer
Den deutschen SPD-Politiker Martin Schulz, seit zwei Jahren Präsident des Europäischen Parlaments, zieht es an die Spitze der EU-Kommission. Am Mittwoch wurde er von 21 sozialdemokratischen Parteien Europas, darunter auch die SPÖ, als Spitzenkandidat für die EU-Wahl am 25. Mai 2014 nominiert.
Die kommenden Europa-Wahlen unterscheiden sich von bisherigen Urnengängen. Erstmals ist der Spitzenkandidat einer europäischen Partei auch der Spitzenkandidat für den Kommissionspräsidenten.
Bisher wurde dieser von den Regierungschefs ernannt. Um das Verfahren transparenter zu machen, hat die Kommission die europäischen Parteien aufgefordert, europaweite Spitzenkandidaten zu benennen. Die Staats- und Regierungschefs werden dann im Lichte der Ergebnisse der EU-Wahl das Parlament konsultieren und einen Kandidaten für den Kommissionspräsidenten, der bei den Europa-Abgeordneten mehrheitsfähig ist, vorschlagen.
Die Sozialdemokraten sind die Ersten, die für die Wahl 2014 ihren Kandidaten bekannt gegeben haben. Nach einem Parteitag am 1. März 2014 in Rom beginnt für Schulz der Intensiv-Wahlkampf. Dabei will der wortgewaltige Politiker zwei Stoßrichtungen verfolgen: Zum einen will er einen Rechtsruck in Europa verhindern, zum anderen geht es ihm um die Frage, wie Europa gestaltet wird. „Als Sozialdemokrat bin ich für Generationengerechtigkeit und für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung. Dafür werde ich werben. Den Kindern und Kindeskindern einen riesigen Schuldenberg zu hinterlassen, ist nicht gerecht“, sagte er kürzlich in einem Gespräch mit dem KURIER.
Internationale Konzerne besteuern
Schulz weiß, dass Sparen allein nicht genügt. „Die derzeit betriebene einseitige Sparpolitik muss deshalb um Wachstumsimpulse und Investitionen ergänzt werden.“ Und noch etwas hat Schulz als Spitzenkandidat im Visier: Steuern von international tätigen Konzernen. „Google macht in Deutschland drei Milliarden Euro Gewinn und zahlt keinen Cent Steuern. Wenn wir uns in der EU darauf verständigen, in dem Land wo der Gewinn gemacht wird, fällt die Steuer an, hätten wir mehr Einnahmen.“
Einheitliche europäische Steuergesetze lehnt Schulz ab. „Steuern sind Sache der Mitgliedstaaten.“ Er verlangt aber die Finanztransaktionssteuer im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit. Derzeit ist ein Dutzend Mitgliedsländer dafür. „Wir brauchen Einnahmen sowie strategische Investitionen: Wachstum und der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Wenn wir die Jugendarbeitslosigkeit nicht überwinden, droht Europa zu zerbrechen. Ich werde daher vehement für die Jugendbeschäftigungsgarantie werben.“ Schulz nimmt sich im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit Österreichs Beschäftigungspolitik als Vorbild. Auch was die Einführung einer Finanztransaktionssteuer angeht, orientiert er sich an Bundeskanzler Werner Faymann. Faymann war der Erste, der im Kreise seiner Amtskollegen diese Abgabe verlangt hat. Unter Europas Sozialdemokraten ist Faymann mittlerweile der dienstälteste Regierungschef, und er gibt hier den Ton an.