Politik/EU-Wahl

Wer sind die europäischen Spitzenkandidaten?

Bis vor fünf Jahren haben stets die europäischen Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen den Chef der EU-Kommission gekürt. Seit 2014 ist das anders. Ein Spitzenkandidaten-System katapultierte damals den Luxemburger Jean-Claude Juncker in den EU-Topjob.

Auch dieses Mal kandidieren EU-Spitzenkandidaten der jeweiligen Parteienfamilien für den Posten des Kommissionspräsidenten. Allerdings machen nicht alle Fraktionen mit. Und nicht alle EU-Regierungen akzeptieren dieses System. Wie funktioniert es? Einer der EU-Spitzenkandidaten wir mit einer Mehrheit der Stimmen der Europäischen Abgeordneten zum Präsidenten der Kommission gewählt. Hier die Liste der chancenreichsten Spitzenkandidaten:

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MANFRED WEBER (46):

Der Vizechef der CSU geht als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) ins Rennen um Europas Top-Job. Dabei ist der umgängliche Bayer ganz klar der Favorit. Als Kandidat der stärksten Fraktion im EU-Parlament hat er die besten Chancen, Jean-Claude Juncker an der Spitze der Kommission zu beerben. Weber ist seit 15 Jahren EU-Abgeordneter, seit fünf Jahren leitet er die EVP-Fraktion. Katholisch, konservativ, aber kein Hardliner hat Weber im EU-Parlament gelernt, politische Kompromisse zu schmieden. Das schätzen auch seine Kritiker. Ein möglicher Nachteil: Manfred Weber hat keine Regierungserfahrung – das aber hatten bisher noch alle Präsidenten der EU-Kommission.

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FRANS TIMMERMANS (57):

Der frühere niederländische Außenminister ist der Kandidat der europäischen Sozialdemokraten. Die Kommission kennt er in- und auswändig: Seit fünf Jahren ist der Politiker, der sieben Sprachen fließend spricht, der Vize-Chef der europäischen Institution. Der Vater von vier Kindern sieht sich als Mitte-Links-Kämpfer, der die EU gegen ein „zunehmend aggressiveres China“, gegen rücksichtlose Banken und ein isolationistisches Amerika stärken will. Sein größter Nachteil: Die Schwäche der Sozialdemokraten. In seiner Heimat kam die Partij van de Abeid bei den Regionalwahken im März gar nur auf 8,5 Prozent.

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MARGRETHE VESTAGER (50):

Die Wettbewerbskommissarin aus Dänemark ist der Star der EU-Kommission. Sie hat sich mit den mächtigsten Konzernen der Welt angelegt, hat facebook, Google und Co. zu Milliardenstrafen verdonnert. Als Mitglied eines siebenköpfigen Spitzenteams der Europäischen Liberalen (ALDE) hat aber die dreifache Mutter und frühere dänische Wirtschaftsministerin die besten Chancen auf den Spitzenjob. Damit ist die Kommissarin mit den raspelkurzen grauen Haaren auch die erste Frau überhaupt, die EU-Kommissionchefin werden könnte. Die Fernsehserie „Borgen“ ließ sich von Vestagers Karriere inspirieren. Von einer Frau, die sonntags Kuchen für ihre Töchter backt und am Montag knallharte politische Entscheidungen trifft. Ihr Nachteil: Die Liberale hat kaum Unterstützung von ihrer Regierung in Kopenhagen.

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SKA KELLER (37) und BAS EICKHOUT:

Die europäischen Grünen schicken ein Spitzen-Tandem in den EU-Wahlkampf. Die 37-jährige Deutsche Ska (für Alexandra) Keller und den Niederländer Bas Eickhout (43). Beide sind seit zehn Jahren Abgeordnete im EU-Parlament. Hoffnungen auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten oder Präsidentin dürfen sich beide Grün-Politiker keine machen. Dafür haben die Grünen im EU-Parlament viel zu wenige Stimmen. Schwerpunktthema der studierten Islamwissenschaftlerin Keller ist die EU-Migrationspolitik. Eickhout, Vizepräsident der Grünen im Parlament, tritt für eine „grünere Wirtschaft“ und eine Reform der Sozialagenda in Europa ein.

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JAN ZAHRADIL (56):

Der konservative Tscheche zieht als Spitzenkandidat der Parteienfamilie der „Europäischen Konservativen und Reformisten“ (EKR)  in den Wahlkampf. Seit 15 Jahren ist der gebürtige Prager EU-Abgeordneter, er tritt für eine „dezentralisierte, flexible und zurückgenommene EU“ ein, die den nationalen Parlamenten mehr Macht zugestehen soll. Die Chancen des studierten Chemikers und ODS-Politikers, Chef der Kommission zu werden, stehen bei Null.

Weitere Spitzenkandidaten:

Violeta Tomic (Slowenien) und Nico Clue (Belgien) für die Partei der Europäischen Linken (GUE/NGL). Chancen, an die Spitze der EU-Kommission gewählt zu werden: Null