Weniger Familiengeld für Kinder im Ausland: EU will Bayern verklagen
Ein klassisches Beispiel: Eine Pflegekraft aus Osteuropa lebt und arbeitet in Bayern, die Kinder leben daheim bei der Familie im Herkunftsland, sagen wir Rumänien. Die Pflegekraft in Deutschland erhält bayrisches Familiengeld zur Unterstützung, das unabhängig von Einkommen und Erwerbstätigkeit ausgezahlt wird. Das Geld geht nach Rumänien, wo die Lebenserhaltungskosten aber deutlich geringer sind als in Westeuropa. Deswegen bekommt die Pflegekraft in Bayern ein niedrigeres Familiengeld ausgezahlt als jene ausländische Pflegekraft, deren Kinder auch in Deutschland leben.
Wegen dieser mutmaßlichen Diskriminierung in Bayern will die EU-Kommission Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen.
EU-Staatsangehörige, deren Kinder in einem Mitgliedstaat leben, in dem die Lebenshaltungskosten geringer sind als in Bayern, bekommen niedrigere Leistungen. Darin sieht die EU-Kommission eine Diskriminierung von mobilen Beschäftigten und einen Verstoß gegen das EU-Recht zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Die Kommission hatte ihre Kritik bereits zum Ausdruck gebracht. Da Deutschland die Bedenken noch immer nicht ausreichend ausgeräumt habe, habe sie nun beschlossen, den Fall an den EuGH zu verweisen, teilte die Behörde mit.
Wenn Deutschland in diesem Streit nicht einlenkt, wird es ein Verfahren vor dem EuGH geben. Wenn die Kommission Recht bekommt, muss Berlin mit einer hohen Geldstrafe rechnen.
Auch Österreich deswegen 2022 verklagt
Als "Vorbild" für die Anpassung galt die österreichische Indexierung der Familienbeihilfe, 2019 eingeführt von der türkis-blauen Regierung. Die Anpassung führte zu mehr Kindergeld, wenn Kinder etwa in Großbritannien oder Irland lebten. Die Zahlungen für Kinder in Rumänien wurden dagegen mehr als halbiert.
Das Prestigeprojekt wurde im Juni 2022 vom EuGH einkassiert, als dieser entschied, dass diese Anpassung gegen EU-Recht verstoße. Österreich musste damals Nachzahlungen an jene Familien leisten, deren Beihilfe geringer ausgefallen war. Die schwarz-grüne Folgeregierung hatte dafür 220 Millionen Euro eingeplant.
Die EU-Kommission will in einem ähnlichen Fall Italien verklagen. Dort wurde laut Brüsseler Behörde vor etwa zwei Jahren eine Familienleistung für unterhaltsberechtigte Kinder eingeführt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht seit mindestens zwei Jahren in Italien wohnten oder deren Kinder in einem anderen Land lebten, hätten aber keinen Anspruch darauf. Nach Auffassung der Kommission verstößt auch diese Regelung gegen EU-Recht.